Bundesrat beschließt Hartz-IV-Reform: Das endgültige "Ja" zu fünf Euro mehr

Überfällige Entscheidung: Der Bundesrat hat die Hartz-IV-Reform mit großer Mehrheit beschlossen. Damit bekommen Empfänger künftig 364 Euro - und bedürfte Kinder Bildungshilfen.

Hand auf: Hartz-IV-Empfänger bekommen fünf Euro mehr - jetzt auch abgesegnet durch den Bundesrat. Bild: photocase/madochab

BERLIN rtr/dpa | Der Bundesrat hat die Hartz-Reform mit neuen Regelsätzen und dem Bildungspaket für bedürftige Kinder endgültig beschlossen. Die Länderkammer billigte das umfangreiche Gesetzeswerk am Freitag in Berlin erwartungsgemäß mit großer Mehrheit. Zuvor hatte der Bundestag dem Ergebnis aus dem Vermittlungsausschuss zugestimmt. Damit ist der Weg für die seit 1. Januar überfällige Neuregelung endgültig frei.

Mit dem erst nach wochenlangem Tauziehen gefundenen Kompromiss verbunden ist die rückwirkende Anhebung des Regelsatzes für Hartz-IV-Empfänger zum 1. Januar um 5 auf 364 Euro. Anfang 2012 ist eine weitere Erhöhung um mindestens 3 Euro fällig. Der Nachschlag von 15 Euro für drei Monate sowie der erhöhte Regelsatz werden Anfang April ausbezahlt.

Zu den Bildungshilfen für die Kinder von Langzeitarbeitslosen, Geringverdienern und Wohngeldempfängern zählen ein warmes Mittagessen in Schule oder Ganztagskita, Zuschüsse für Klassenfahrten und Beiträge für Sportvereine sowie Nachhilfe bei Bedarf. Vorgesehen sind auch Schulsozialarbeiter in den Kommunen. Die Neuregelungen im Überblick:

REGELSATZ

Das Arbeitslosengeld II für derzeit etwa 4,7 Millionen erwachsene Hartz-IV-Bezieher steigt rückwirkend ab Jahresanfang 2011 um 5 auf 364 Euro im Monat. In einem zweiten Schritt zum Jahresanfang 2012 gibt es drei weitere Euro mehr - und zwar zusätzlich zu der regulären jährlichen Anpassung aufgrund der Preis- und Lohnentwicklung. Wie hoch die reguläre Erhöhung ausfällt, ist offen. Je nach Lohn- und Preisentwicklung könnte am Ende insgesamt eine zweistellige Anhebung stehen.

Für Kinder werden in drei Altersgruppen eigene Regelsätze festgelegt, die unverändert bleiben: 215 Euro (null bis fünf Jahre), 251 Euro (sechs bis 13), 287 Euro (14 bis 17).

Die Übungsleiterpauschale, die zum Beispiel ehrenamtlich in Vereinen tätige Hartz-IV-Bezieher bekommen, wird bis zur Höhe von 175 Euro monatlich nicht mehr vom Regelsatz abgezogen.

Der Regelsatz für Behinderte ab 25 Jahren (sie erhalten derzeit 80 Prozent) wird überprüft mit dem Ziel, dass sie das Arbeitslosengeld II künftig in voller Höhe bekommen.

BILDUNGS- UND TEILHABEPAKET

Für rund 2,5 Millionen Kinder von Geringverdienern (sie erhalten Hartz IV, den Kinderzuschlag oder Wohngeld), gibt es neue Leistungen: Zuschüsse für ein warmes Mittagessen (einen Euro müssen Kinder selbst zahlen) in Schule, Kita oder Hort sowie für Nachhilfe. Für eintägige Schul- und Kita-Ausflüge werden jährlich bis zu 30 Euro gezahlt. Zudem gibt es monatlich zehn Euro für die Teilnahme am Vereinsleben.

Das Schulbedarfspaket von 100 Euro (70 Euro zum 1. August, 30 zum 1. Februar) gab es bereits. Da im vorigen August 100 Euro ausgezahlt wurden, gibt es das nächste Geld erst im Spätsommer.

ZUVERDIENSTE

Vom 1. Juli 2011 an soll für einen Teil der erwerbstätigen Hartz-IV-Bezieher von ihrem Zuverdienst mehr übrig bleiben. Wer mehr als 800 Euro im Monat hinzuverdient, kann bis zu 20 Euro mehr als bisher davon behalten. Davon profitieren gut 300.000 der derzeit etwa 1,4 Millionen Hartz-IV-Aufstocker.

Demnach gilt künftig: Die ersten 100 hinzuverdienten Euro werden nicht vom Arbeitslosengeld II abgezogen. Zwischen 100 und 1000 Euro werden 80 Prozent mit dem Arbeitslosengeld II verrechnet, darüber bis 1200 Euro 90 Prozent.

FINANZEN

Das Bildungs- und Teilhabepaket finanziert der Bund nun mit einem Gesamtvolumen von 1,6 Milliarden Euro - doppelt soviel wie ursprünglich geplant. Ab 2014 sinkt der Betrag auf 1,2 Milliarden Euro. Darin enthalten sind auch Kosten für Verwaltung und Warmwasserausgaben in Hartz-IV-Haushalten. Zur Finanzierung stockt der Bund seinen Anteil an den Miet- und Heizkosten der Hartz-IV-Bezieher (Kosten der Unterkunft) auf Dauer auf.

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