Berlins Polizeipräsident räumt Fehler ein: Debakel um Antifa-Plakate

Die Berliner Polizei will künftig keine Informationen mehr über Linke an die rechte Szene geben. Staatsschutz ermittelte wegen Verstoßes gegen das Kunsturhebergesetz.

"Ich halte dieses Vorgehen nicht für sachgerecht," kommentiert Glietsch die Weitergabe von Antifa-Adressen an Neonazis. Bild: dpa

BERLIN taz Vorwürfe, mit den Rechten gemeinsame Sache zu machen, kannte man bisher eher aus Bundesländern wie Sachsen-Anhalt. Kriminalbeamte des Berliner Staatsschutzes haben Rechtsextreme darüber informiert, dass Bilder von ihnen auf Antifa- Plakaten erschienen sind und dabei die Vor- und Nachnamen von drei Personen genannt, gegen die wegen Verstoßes gegen das Kunsturhebergesetz ermittelt wurde.

Die Berliner-Antifa war empört. Erst recht, als am vergangenen Donnerstag auch noch Hausdurchsuchungen in der linken Szene folgten. Am Montag hat Polizeipräsident Dieter Glietsch eingeräumt, dass der Staatsschutz beim Umgang mit den Daten der Beschuldigten Fehler gemacht hat. Er habe diese Praxis unterbunden, sagte Glietsch im Innenausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses.

Der Hintergrund: Im vergangenen September hatte die Polizei bei einem Aktionstag gegen Rassismus ein Plakat mit 40 Fotos von mutmaßlichen Rechtsextremen beschlagnahmt. Die Bilder sind auch in einer Antifa-Zeitung abgebildet. Die Rechtslage ist so, dass ohne Einverständnis der Abgebildeten keine Fotos veröffentlich werden dürfen. Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Kunsturhebergesetz können aber nur eingeleitet werden, wenn die Betroffenen Strafanzeige erstatten. Also fragte der Staatsschutz bei den 40 Abgebildeten nach - laut Polizei gängig bei Verstößen gegen das Kunsturhebergesetz. Die Praxis ist in dem vorliegenden Fall deshalb so problematisch, weil dadurch Angriffe von Rechten auf Linke und umgekehrt erleichtert werden. "Ich halte dieses Vorgehen nicht für sachgerecht", hat Polizeipräsident Glietsch nun erkannt. In Zukunft werde die Polizei in solchen Fällen keine Namen mehr übermitteln. "Wir werden das nur noch tun, wenn die Staatsanwaltschaft dies ausdrücklich anweist".

Das Ergebnis der Fragebogenaktion war, dass zahlreiche der abgebildeten mutmaßlichen Rechtsextremen Strafanzeige erstattet hatten. Am vergangenen Donnerstag wurden in Berlin die Wohnungen von drei Beschudigten der Antifa-Szene durchsucht - "ohne Erfolg", wie Glietsch gestern sagte. Bei einem Haus in Kreuzberg verschafften sich die Beamten Zutritt, indem die Tür eingerammt wurde.

Es ist nicht der erste Fall, in dem die Berliner Polizei wegen übertriebenen Ermittlungseifers gegen die Antifa- Szene auffällt. Im Oktober 2007 war publik geworden, dass der Staatsschutz geraume Zeit gegen mehrere Fotografen und Journalisten ermittelt hatte. Auch da ging es um ein Plakat mit 36 Fotos von mutmaßlichen Rechtsextremen. Die Polizei vermutete, dass die Fotografen die Bilder gemacht hatten. Doch das Ergebnis war trotz aufwändiger Ermittlungen dürftig. Die Staatsanwaltschaft wies den Fall mit der Begründung zurück, eine Straftat liege nicht vor, weil das fragliche Plakat nicht verbreitet worden sei. Auch lägen keine Anzeigen der "Geschädigten" vor. Die meisten Fotografen erfuhren nichts von den Ermittlungen gegen sie.

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