Berlin will Schülerdaten sammeln: Der gläserne Schüler

Die rot-rote Landesregierung will zentral speichern, welche Schüler auf welche Schule gehen. Die Opposition sieht den Datenschutz in Gefahr.

...sollen alle in eine Datei aufgenommen werden. Bild: photocase/inuit

BERLIN taz Das Land Berlin wird in Zukunft zentral erfassen, welche Schüler auf welche Schule gehen. Die Koalition aus SPD und Linken beschloss am Donnerstag im Landesparlament ein Gesetz, das die Verteilung der Lehrer auf die Schulen erleichtern soll. Die Gegner befürchten dagegen den "gläsernen Schüler". Auch bei der Linken stimmten nicht alle Abgeordneten für das Projekt - dank der Stimmen aus der oppositionellen CDU reichte es dennoch für eine Mehrheit.

Rund 4.000 Schüler werden jährlich in Berlin von ihren Eltern an mehreren Schulen angemeldet - was erst am ersten Schultag auffällt. Das Schuljahr beginnt also damit, dass 200 bis 300 Lehrer die Schulen wechseln und die ihre Stundenpläne umschmeißen müssen. Für Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) ist das unhaltbar: "Wer eine gute Bildungspolitik will, muss der Bildungsverwaltung ermöglichen, die Einrichtung eines Schuljahrs ordnungsgemäß abwickeln zu können. Das ist nur möglich, wenn die Fakten bekannt sind."

Innenpolitiker der SPD wollten jedoch in der Datei auch Vorstrafen speichern und allen Behörden Zugriff geben. Ein SPD-Bezirksbürgermeister wollte Schulschwänzern sogar das Kindergeld streichen: "Nicht jeder Schulschwänzer wird ein Intensivtäter, aber jeder Intensivtäter war ein Schulschwänzer."

Dagegen liefen Schüler, Bürgerrechtler und die Opposition Sturm. Auch in der Linken brodelte es. Nun werden nur noch Name und Adresse der Schüler zentral gespeichert. Die Schulen speichern darüber hinaus etwa auch, welche Kinder nicht Deutsch als Muttersprache haben - davon hängt ab, wie viele Lehrer eine Schule erhält. Die Verwaltung soll nun nur noch die Gesamtzahl dieser Schüler erfahren - aber nicht mehr, welche Schüler das sind.

Der Landesdatenschutzbeauftragter Alexander Dix lobt diese Lösung. Die Grünen hingegen befürchten, dass die Daten nicht gut genug anonymisiert werden. "Der gläserne Schüler ist damit vorprogrammiert", kritisierten der grüne Bildungspolitiker Özcan Mutlu und der Datenschutzpolitiker Benedikt Lux in einer gemeinsamen Erklärung. Auch Abgeordnete der Linken hatten Bedenken. Eine Einbettung des Gesetzes "in ein übergeordnetes Konzept zur demokratischen Schulreform ist nicht erkennbar", bemängelnd sechs Abgeordnete, es fehle unter anderem an einer "grundlegenden Verbesserung der materiellen und finanziellen Ausstattung der Schulen".

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