RAF: Die ignorierte Schlüsselfigur

Michael Buback fragt sich, ob Verena Becker als Mittäterin seinerzeit von den Ermittlern gedeckt wurde.

Verena Becker (li.) nach ihrer Verurteilung im Dezember 1977 in Begleitung von mehreren Polizisten. Bild: dpa

FREIBURG taz Verena Becker wird immer mehr zur Schlüsselfigur des Buback-Attentats. Zwar wurde in dieser Sache nie gegen die heute 54-Jährige Anklage erhoben, ebendas aber ist merkwürdig. Denn vier Wochen nach dem Mord wurde sie im Mai 1977 gemeinsam mit Günter Sonnenberg, dem mutmaßlichen Fahrer des Tatmotorrads festgenommen. Außerdem fand sich in ihrem Gepäck die Tatwaffe.

Und gab es nach der Festnahme von Becker nicht seltsame Ermittlungspannen? Obwohl ein Zeuge am Tatort sagte, der Schütze könnte eine Frau gewesen sein, gab es nie eine Gegenüberstellung mit der verhafteten Becker. Ein weiterer Zeuge hatte am Vortag des Mordes auf dem Sozius des Tatmotorrads eine "kleine und zierliche" Person gesehen. Verena Becker soll 1,64 Meter groß sein. Doch auch diesem Zeugen wurde die Frau, die mit der Tatwaffe verhaftet wurde, nie gegenübergestellt. Wurde Becker von der Polizei gedeckt? Das fragt sich nicht nur Michael Buback.

Zwar ist heute bekannt, dass sich Verena Becker Anfang der 80er-Jahre nach einem Haftkoller dem Verfassungsschutz anvertraute und einiges über das Innenleben der RAF verriet. Das jedoch konnten Polizei und Bundesanwaltschaft bei ihrer Verhaftung 1977 nicht ahnen.

Umso mehr Bedeutung könnte ein vom SWR recherchierter Stasi-Bericht aus dem Jahr 1978 haben, in dem es vage heißt: "Es liegen zuverlässige Informationen vor, wonach die B. seit 1972 von westdeutschen Abwehrorganen wegen der Zugehörigkeit zu terroristischen Gruppierungen bearbeitet bzw. unter Kontrolle gehalten wird." Becker war 1972 erstmals inhaftiert worden. Hatte der Verfassungsschutz sie schon damals angeworben?

Michael Buback will diese These vorerst nicht verfolgen. Denn dann würden sich Fragen ganz anderen Kalibers stellen: Wusste der Verfassungsschutz schon vor dem geplanten Attentat auf den Generalbundesanwalt, was passieren sollte? Bubacks Sohn sagt nur dunkel: "Es gibt Anzeichen, dass ein Geheimnis über der Sache liegt." Die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesanwaltschaft sorgt dafür, dass sich der Eindruck noch verstärkt.

Schließlich ist da auch noch Stefan Wisniewski, der Ex-RAF-Mann, den einst schon Verena Becker als Mordschützen benannte. Auch diese Spur hat die Bundesanwaltschaft damals unterdrückt - auf Wunsch des Verfassungsschutzes, der seine Zusammenarbeit mit Verena Becker nicht aufdecken wollte. Und auch das macht Buback "sehr betroffen". Denn 25 Jahre erhielt die Familie keinerlei Andeutung auf die mögliche Täterschaft Stefan Wisniewskis.

Allerdings ist zumindest eine der neuen Spuren blind: Schließlich können nicht Wisniewski und Becker den Generalbundesanwalt erschossen haben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.