Nach dem Tod eines Jugendlichen: Die NPD baut sich eine Märtyrerin

Die rechtsextreme NPD hetzt weiter: Im rheinländischen Stolberg machen die Neonazis jetzt auch mit der Schwester des Anfang April getöteten Kevin P. Propaganda.

Die rechtsextreme NPD nutzt den Tod eines Jugendlichen für ihre Propagandazwecke Bild: dpa

STOLBERG taz Die rechtsextreme NPD instrumentalisiert den Tod des 19-jährigen Kevin P. weiter. Dazu wollen die Neonazis auch eine von der Schwester Kevins erstattete Anzeige wegen Körperverletzung nutzen. Auf verschiedenen rechtsextremen Internetseiten ist von "Terror" gegen Kevins Familie die Rede: Kevins Zwillingsschwester sei "von Ausländern krankenhausreif geschlagen worden", heißt es etwa auf der Domain deutsche-armee.com.

Der aus Eschweiler stammende Kevin war am 4. April erstochen worden. Bereits seit dem 6. April sitzt ein tatverdächtiger 19-jähriger Einwanderer in Untersuchungshaft. Die NPD und ihr rechtsextremes Umfeld versucht seitdem, den Getöteten zum Märtyrer zu stilisieren: Kevin sei "von kriminellen Ausländern ermordet" worden, hetzen die Neonazis - und marschierten bereits dreimal am Tatort, dem rheinländischen Stolberg bei Aachen, auf.

Durch einen jährlichen "Trauermarsch" solle Stolberg zu einer Art Wallfahrtsort der Szene werden, kündigten Redner der Rechtsextremen bei ihrem vorerst letzten Aufzug am 26. April an (taz berichtete). Allerdings hatten sich rund tausend Gegendemonstranten den Rechtsextremen entgegengestellt.

Einen direkten politischen Hintergrund der Tat aber schließen Polizei und Staatsanwaltschaft weiterhin aus: Trotz intensiver Ermittlungen könne das Opfer "nicht sicher der rechtsextremen Szene zugeordnet werden", sagte der Aachener Oberstaatsanwalt Alexander Geimer. Zwar kursieren in Stolberg Gerüchte, Kevin habe die Zahl "88", die in Neonazi-Kreisen für den Hitlergruß steht, als Tätowierung getragen. Der Streit, der zum Tod Kevins führte, scheint aber einen banalen Hintergrund gehabt zu haben: Täter und Opfer waren in dasselbe Mädchen verliebt. Auch zwischen dem Tod Kevins und der von seiner Schwester angezeigten Körperverletzung gibt es aus Sicht der Ermittler "keinerlei Zusammenhang", sagt Geimer: "Die Anzeige der Schwester beruht auf einer Auseinandersetzung, wie sie in der Bundesrepublik täglich hundertfach vorkommt."

Unklar bleibt, ob nicht auch Kevins Schwester Verbindungen zur rechtsextremen Szene hat: Obwohl sie nach eigenen Angaben bereits am 17. April zusammengeschlagen wurde, erstatte sie erst am 23. April gegen neun Uhr Anzeige bei der Polizei. Eine Website der lokalen NPD dagegen habe die Körperverletzung dagegen bereits ab fünf Uhr für ausländerfeindliche Propaganda genutzt, sagt ein Sprecher der Aachener Polizei: "Die NPD war besser und früher informiert als wir." Die Schlussfolgerungen daraus überlasse er jedem Einzelnen selbst.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.