Neonazi-Aufmarsch an der Elbe: Dresden als rechtes Highlight

Rechtsextreme wollen den Gedenktag an die Bombardierung zum Höhepunkt ihrer Inszenierung im Wahljahr machen. 8.000 Neonazis werden zum Aufmarsch erwartet.

Dresden hat die Nazis satt - aber die Nazis können von Dresden nicht genug kriegen. Bild: dpa

BERLIN taz Über viele regelmäßige Anlässe von bundesweiter Bedeutung verfügen die Neonazis zurzeit nicht mehr. Der "Gedenkmarsch" an der Grabstätte von Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß im oberfränkischen Wunsiedel wird seit 2005 jedes Jahr verboten. Die Zahl der Neonazis beim Aufmarsch zum "Heldengedenken" am Volkstrauertag im brandenburgischen Halbe ist seit Jahren stark rückläufig. Ein Highlight bleibt für die Rechtsextremisten: Die Aufmärsche am 13. und 14. Februar in Dresden zum angeblichen Gedenken an die Dresdener Bombennacht von 1945 durch die Alliierten.

Vertreter der Anti-Rechts-Initiative "Geh Denken" rechnen damit, dass der Aufmarsch dieses Jahr der größte Europas werden könnte. "8.000 Rechtsextremisten sind kein Pappenstil", sagt Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung gegen Rechtsextremismus. Zusammen mit der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste unterstützt Kahane die Dresdner Initiativen und ruft zur Teilnahme an Protestveranstaltungen gegen die Neonazi-Aufmärsche auf.

Unterstützung erhalten sie auch von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD). Der Missbrauch des Gedenkens an die Opfer der Bombenangriffe müsse verhindert werden, sagte Thierse. "Humanität und Demokratie müssen gegen den Angriff von rechts außen verteidigt werden." Zu den Erstunterzeichnern des Aufrufs gehören neben Thierse auch Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker (CDU), Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) und Gregor Gysi, Chef der Linksfraktion im Bundestag. Als Protest gegen die Rechtsextremisten sind am 14. Februar unter anderem drei Demonstrationszüge durch die Innenstadt vorgesehen. Zudem ist eine Kundgebung an der Dresdner Synagoge geplant und ein Konzert auf dem Schlossplatz.

Rechtsextremisten versuchen seit Jahren den 14. Februar umzudeuten und die Deutschen als eigentliche Opfer des Zweiten Weltkrieges zu etablieren - gleichzeitig relativieren sie damit den Massenmord an den europäischen Juden. Grit Hanneforth, die Geschäftsführerin des Kulturbüro Sachsen, weist daraufhin, dass es den Rechtsextremisten nicht nur um eine Instrumentalisierung dieses Gedenktages gehe. Der "geschichtsrevisionistische Aufmarsch" sei für die Neonazis im Superwahljahr "existenziell", sagt Grit Hanneforth. In Dresden würden Bilder geschaffen, die sich bei den anstehenden Wahlen mobilisierend für die rechtsextreme NPD auswirken könnten. "Diesen Gefallen dürfen wir ihnen nicht tun."

Angemeldet wurde der Aufmarsch auch in diesem Jahr von der "Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland", die sich selbst als eine Nachwuchsorganisation von Vertriebenenverbänden ansieht. Die NPD ist bei der Mobilisierung aber ebenso beteiligt wie die als besonders gewaltbereit zählenden Angehörigen der Kameradschaftsszene.

Für Enttäuschung sorgte im Anti-Rechts-Bündnis die Haltung der sächsischen CDU. Sachsens ehemaliger Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) gehörte zunächst zu den Erstunterzeichnern, zog seine Unterschrift auf Druck aus seiner eigenen Partei jedoch wieder zurück. "Anscheinend ist für ihn alles, was gegen rechts ist, automatisch gleich links", vermutet Kahane. Das sei sehr bedauerlich. Auch Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz, ebenfalls CDU, hat den gemeinsamen Aufruf nicht unterschrieben. Sie plane eine eigene Veranstaltung, heißt es.

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