Kommunalwahl in NRW: Dunkelroter Ruhrpott

Bei der Kommunalwahl am Sonntag wird die Linkspartei vor allem in den Städten punkten. Die Linken geben sich selbstbewusst. Und selbst mit der Union würden sie zusammenarbeiten.

Der Pott wird dunkelrot und die CDU versucht sich in einer Neuauflage der Rote-Socken-Kampagne. Bild: dpa

KÖLN taz | Die Nerven liegen blank, der Ton wird rauer. Wo immer Jürgen Rüttgers in diesen Tagen auftritt, sieht er nur noch rot: "Die Linken haben schon einmal einen deutschen Staat ruiniert", beschwört der christdemokratische Ministerpräsident sein Publikum. "Die dürfen bei uns im Westen diese Chance nicht noch einmal bekommen."

Noch deftiger formuliert es CDU-Landesgeneralsekretär Hendrik Wüst: "In der Linkspartei machen Extremisten, Spalter und Demagogen Politik gegen die Zukunft unserer Heimat." Angesichts schlechter Umfragewerte versucht die CDU im Schlussspurt des Kommunalwahlkampfs mit einer Neuauflage der verstaubten Rote-Socken-Kampagne ihre Wähler zu mobilisieren.

Wolfgang Zimmermann reagiert gelassen auf die verbalen Ausfälle der politischen Konkurrenz. So haltlos die Beschimpfungen auch seien, zeigten sie doch vor allem eins: "Auch die CDU hat inzwischen begriffen, dass wir in vielen Städten ab Sonntag eine starke kommunalpolitische Kraft sein werden", sagt der Landessprecher der Linken NRW.

Tatsächlich dürften nach diesem Wochenende etliche Kommunalparlamente kräftig durcheinandergewirbelt werden. Die alte PDS führte an Rhein und Ruhr nicht mehr als das Schattendasein einer Splittergruppe. Erst durch den Wegfall der Fünfprozenthürde 1999 schaffte sie überhaupt in einer nennenswerten Anzahl von Kommunen den Einzug in den Rat. Bei der Wahl vor fünf Jahren kam sie jedoch im Landesdurchschnitt gerade mal auf 1,4 Prozent der Stimmen.

Doch seit der Vereinigung der PDS mit der WASG vor zwei Jahren hat sich das Bild der Partei kräftig gewandelt. Rund 8.200 Mitglieder zählt der Landesverband inzwischen, das Vierfache wie noch zu PDS-Zeiten. Zu den Wahlen am Sonntag tritt die Linke mit mehr als 4.200 Kandidaten in allen Großstädten und Landkreisen an. Glaubt man den letzten Umfragen, wird sie bei den Wahlen am Sonntag das Ergebnis ihrer Vorgängerin flächendeckend verdoppeln, bisweilen sogar verdreifachen können. "Ich erwarte, dass wir im Landesschnitt über 5 Prozent liegen", sagt Zimmermann, der auch Vorsitzender des Ver.di-Bezirks Rhein-Wupper ist. Im Ruhrgebiet hält er auch Ergebnisse von bis zu 10 Prozent realistisch. Nicht so gut sieht es in den konservativen ländlichen Regionen wie dem Münsterland aus, wo die Linke nach wie vor große Probleme hat, Fuß zu fassen.

In Städten wie Aachen, Bielefeld, Duisburg, Essen, Köln, Münster und Wuppertal könnte es laut der Meinungsforschungsinstitute rechnerisch zu rot-rot-grüne Mehrheiten kommen – was auch ein Grund für die Nervosität der CDU. Koalitionsspekulationen lehnt Zimmermann allerdings ab. „Entscheidend sind für uns immer die Inhalte.“ Jenseits fester Bündnisse könne die Linke mit jeder demokratischen Partei in zusammenarbeiten, sogar der CDU, wenn sich diese etwa gegen Privatisierungen von kommunalen Unternehmen, für ein Sozialticket für Einkommensschwache oder gebührenfreie Kindertagesstätten ausspreche.

Bevor die Linke über mögliche Bündnisse diskutiert, wird sie jedoch ohnehin erst noch einige hausgemachte Probleme bewältigen müssen. Vielerorts befindet sie sich immer noch in einem schwierigen Selbstfindungsprozess, der mitunter selbstzerstörerische Züge trägt. Da artete manch Listenaufstellung zur Schlammschlacht aus; es hagelte Ausschlussanträge, Wahlanfechtungen und auch Strafanzeigen. In Städten wie Düsseldorf, Leverkusen oder Viersen musste die Linke sogar um ihren Wahlantritt bangen, weil unterlegene Kandidaten bei den jeweiligen Kreis- oder Stadtwahlausschüssen gegen die Zulassung ihrer eigenen Partei intervenierten. In Gelsenkirchen führten die parteiinternen Streitereien zur Abspaltung der bisherigen Ratsgruppe sowie früherer PDSler, die nun als „Die Linke Alternative“ gegen die Linkspartei kandieren.

Parteichef Zimmermann räumt die Probleme ein. Aber solche Konflikte sollten „nicht dramatisiert und aufgebauscht“ werden, meint er. Sie seien zwar unerfreulich, gehörten jedoch zu einem normalen Entwicklungsprozess, wie ihn auch die Grünen in ihrer Anfangsphase durchgemacht hätten. „Wir sind eben noch eine sehr junge Partei, im Großen und Ganzen ist der Landesverband gut zusammengewachsen.“

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