Einheitlicher Einbürgerungstest: Ein Test für den Pass

Wer eingebürgert werden will, muss etwas über Politik, Geschichte und Gesellschaft dieses Landes wissen. Ab 1. September soll es einen einheitlichen Fragenkatalog geben.

Der einheitliche Einbürgerungstest ist ein Ergebnis der Debatte von 2006 um den umstrittenen "Muslimtest" in Baden-Württemberg. Bild: dpa

BERLIN taz Wann wurde die Bundesrepublik gegründet? Ab welchem Alter ist man in Deutschland volljährig? Was wollte Willy Brandt mit seinem Kniefall im ehemaligen jüdischen Ghetto in Warschau ausdrücken? 33 Fragen wie diese müssen Migranten, die sich einbürgern lassen wollen, künftig beantworten. Die Fragen sind Teil eines bundesweit einheitlichen Tests, der ab dem 1. September eingeführt wird. Nur wer ihn besteht, wird danach noch den deutschen Pass bekommen.

Mit diesem Test wird eine gesetzliche Neuregelung aus dem vergangenen Jahr in die Praxis umgesetzt. Nach der Einführung des umstrittenen "Muslimtests" in Baden-Württemberg Anfang 2006, der die Gesinnung von Einbürgerungswilligen, insbesondere aus islamisch geprägten Ländern abfragte, war eine Debatte über Einbürgerungstests entbrannt. In der Folge gab die SPD ihren Widerstand gegen solche Tests auf, die Innenminister einigten sich auf eine bundesweit einheitliche Überprüfung.

Insgesamt soll es einen Pool von 310 Fragen zu "Politik in der Demokratie", "Geschichte und Verantwortung" und "Mensch und Gesellschaft" geben. Ergänzungen der Länder sind nicht möglich. "Wir legen Wert auf eine bundeseinheitliche Regelung", sagte Peter Altmaier, Staatssekretär im Bundesinnenministerium.

Die Fragen hat das Institut für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen an der Berliner Humboldt-Universität erarbeitet und getestet. So weit bislang bekannt ist, wird dabei Wissen abgefragt, nicht die Gesinnung. Aus dem Pool werden verschiedene Bögen mit jeweils 33 Fragen zusammengestellt. Jede der Frage ist dabei mit vier verschiedenen Antwortmöglichkeiten versehen. Nur eine von ihnen ist richtig.

Wer mindestens bei der Hälfte der Fragen auf seinem Bogen sein Kreuzchen an der richtigen Stelle gemacht hat, hat bestanden. Wer dann auch noch mindestens acht Jahre in Deutschland lebt, nicht wegen schwerer Straftaten verurteilt wurde, Deutsch sprechen und seinen Unterhalt selbst bestreiten kann sowie eine Anfrage beim Verfassungsschutz übersteht - der kann auf den deutschen Pass hoffen.

Die ersten Fragen wurden am Dienstag bekannt. Alle übrigen will das Bundesinnenministerium in den kommenden Wochen veröffentlichen. Eine gezielte Vorbereitung auf den Test, der 25 Euro kostet, wird also möglich sein. Zudem sollen an den Volkshochschulen Vorbereitungskurse angeboten werden. Wer durchfällt, kann den Test beliebig oft wiederholen.

Baden-Württemberg kündigte unterdessen an, an seinen Gesinnungsfragen festzuhalten. Zwar sind die Fragen zur Homosexualität inzwischen gestrichen. Die Einstellung der Einbürgerungswilligen zum Schwimmunterricht, zu sexueller Belästigung und Ehrenmorden interessiert die Einbürgerungsbehörden aber weiter. Das Verfahren sei eine gute Ergänzung zum bundesweiten Test, in dem Wissensfragen geklärt würden, sagte eine Sprecherin des Innenministeriums der taz. "Uns geht es darum, Zweifel auszuräumen, ob die Bewerber auch wirklich auf dem Boden des Grundgesetzes stehen."

Anders als Baden-Württemberg will Hessen nun auf eigene Tests verzichten. Das Innenministerium in Wiesbaden hatte 2006 ebenfalls einen eigenen Fragenkatalog entwickelt, der aber niemals eingesetzt wurde. Er war bundesweit in die Kritik geraten, weil die Fragen schlicht zu schwer waren.

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, hält aber auch die neuen, bundesweiten Tests für "problematisch": "Durch solche Überprüfungen werden Menschen davon abgehalten, sich einbürgern zu lassen", sagte Kolat der taz.

Im vorigen Jahr erhielten 126.000 Menschen den deutschen Pass. Das ist ein leichter Anstieg im Vergleich zum Vorjahr, aber weit entfernt vom bisherigem Höchststand im Jahr 2000. Damals wurden 187.000 Einwanderer eingebürgert.

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