Schlechte Chancen für Frauenpolitikerinnen: Einigung bei Spätabtreibungen

Union, SPD und FDP einigen sich auf eine gemeinsame Gesetzesnovelle. Frauenpolitikerinnen von SPD und Grünen erwägen eigenen Gesetzentwurf.

BERLIN taz Im Parteienstreit um eine geplante Neuregelung der Beratungspflichten bei Abtreibungen nach der 12. Schwangerschaftswoche bewegen sich drei der fünf verschiedenen Gruppen auf einen Kompromiss zu. CSU-Familienpolitiker Johannes Singhammer und die Chefin des Familienausschusses Kerstin Griese (SPD) haben sich mit der FDP-Abgeordneten Ina Lenke auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf geeinigt. Offen blieb, ob auch die Frauenpolitikerinnen von SPD und Grünen um die stellvertretende Fraktionschefin der SPD, Christel Humme, den Entwurf ebenfalls unterzeichnen. Gestern schloss Humme einen eigenen Gesetzentwurf nicht aus.

Das Ziel aller ParlamentarierInnen war, Schwangeren, die bei den vorgeburtlichen Untersuchungen mit einer möglichen Behinderung ihres Kindes konfrontiert werden, zu helfen. Deshalb sehen alle Entwürfe eine Pflicht der Ärzte vor, Frauen ausführlich zu beraten und ihnen den Kontakt zu einer psychosozialen Beratungsstelle zu vermitteln. Die Frauenpolitikerinnen allerdings wollen den Frauen die Freiheit lassen, diese Beratung auch ablehnen zu dürfen.

Auch gegen das Ansinnen von Unionspolitikern, den Ärzten eine strenge Dokumentationspflicht aufzuerlegen und drei Tage Bedenkzeit vor dem Beschluss zur Abtreibung einzuführen, hatten sich insbesondere Beratungsstellen wie pro familia ausgesprochen. Man befürchte, dass ÄrztInnen dann die Indikationsstellung generell ablehnen, betonte die Vizevorsitzende von pro familia, Ulla Ellerstorfer.

Diese umstrittene Dokumentationspflicht ist im neuen Gesetzentwurf gestrichen. Allerdings bestehen Griese und Singhammer weiterhin auf eine dreitägige Bedenkzeit nach der Diagnose, was die Frauenpolitikerinnen von SPD und Grünen als "Zwangsbedenkzeit" ablehnen.

Singhammer würde den Entwurf an diesem Mittwoch gern im Familienausschuss beraten lassen. Allerdings behalten die Frauenpolitikerinnen sich vor, noch einen eigenen Gesetzentwurf zu formulieren, was den Prozess verzögern dürfte. Die Gruppe um Humme hatte bisher nur die Mutterschaftsrichtlinien ändern wollen. Doch ein solcher Antrag könnte zusätzlich zu Gesetzentwürfen abgestimmt werden, sprich: man kann erst für Griese und dann für Humme stimmen. Wenn dagegen ein Gesetzentwurf vorliegt, werden die Entwürfe alternativ abgestimmt: Wer für Humme ist, kann nicht für Griese sein. Mit der Einigung von Griese, Lenke und Singhammer dürfte die Chancen der Frauenpolitikerinnen auf eine Mehrheit im Bundestag allerdings gesunken sein.

Kerstin Griese sagte der taz, "dass unser Entwurf eine Brücke baut und am Ende auch die Gruppe um Frau Humme zustimmen kann". Auch weitere Veränderungen schloss sie nicht aus.

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