Folterminister in Deutschland unbehelligt: Einladung schützt Staatsverbrecher

Obwohl er eines Massakers verdächtigt wird, ermittelt die deutsche Staatsanwaltschaft nicht gegen den usbekischen Geheimdienstchef Inojatow.

Massaker von Andischan 2005 töteten Milizen mehrere hundert Demonstranten. Bild: dpa

FREIBURG taz Die Bundesanwaltschaft wird nicht gegen den usbekischen Geheimdienstchef Rustan Inojatow ermitteln. Dieser sei auf "amtliche Einladung" in Deutschland und daher der deutschen Gerichtsbarkeit entzogen, erklärte ein Sprecher der Karlsruher Anklagebehörde auf Anfrage der taz. Inojatow gilt als einer der Hauptverantwortlichen für das Massaker von Andischan im Mai 2005.

Das autoritäre Regime hatte damals friedliche Proteste niederschlagen lassen, es starben mehrere hundert Menschen. Human Rights Watch (HRW) sieht darin ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, das auch in Deutschland verfolgt werden kann. 2002 wurde nämlich unter Rot-Grün ein Völkerstrafgesetzbuch beschlossen, dass es erlaubt, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit selbst dann in Deutschland abzuurteilen, wenn die Tat im Ausland begangen wurde und kein Deutscher beteiligt war.

Vorige Woche nun reiste Geheimdienstchef Inojatow laut regierungsnahen usbekischen Quellen zu "offiziellen Gesprächen" nach Deutschland (taz vom 29. 10.). Als der Berliner Anwalt Wolfgang Kaleck dies erfuhr, machte er die Bundesanwaltschaft darauf aufmerksam. Kaleck hatte nämlich im Dezember 2005 im Auftrag von HRW zwölf mutmaßliche Hauptverantwortliche für das Massaker angezeigt - darunter Inojatow.

Doch die Bundesanwaltschaft sieht keine Möglichkeit zum Eingreifen. Grund: Inojatows "amtliche Einladung". Nach Paragraph 20 des Gerichtsverfassungsgesetzes unterliege er deshalb nicht der deutschen Gerichtsbarkeit. Die Bestimmung soll den diplomatischen Verkehr schützen.

Der Bundesregierung ist offensichtlich peinlich, dass Inojatows Besuch überhaupt publik wurde. Niemand will ihn eingeladen haben - weder das Außenministerium noch das Kanzleramt. Vermutlich war es der Bundesnachrichtendienst, der aber die Auskunft verweigert.

Anwalt Kaleck fordert dennoch mehr Aktivität: "Auch wenn Inojatow jetzt nicht festgenommen werden kann, so könnte doch ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet werden - damit man genug Material in der Hand hat, wenn er wieder nach Deutschland kommt."

So hielt sich der usbekische Innenminister Sakir Almatow im Herbst 2005 ebenfalls in Deutschland auf. Damals passierte nichts, weil die Bundesanwaltschaft zu spät davon erfuhr.

Amnesty International kritisierte erst vor zwei Wochen, dass das ambitionierte deutsche Völkerstrafgesetzbuch faktisch leerlaufe.

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