Konzert gegen Neonazis abgesagt: Engagement unerwünscht

Nach dem mutmaßlichen Neonazi-Mord an einem arbeitslosen Tischler behindert der Bürgermeister in Templin Eigeninitiativen gegen Rechtsextreme.

Engagement gegen rechts ist anscheinend nicht immer willkommen. Bild: dpa

BERLIN taz Auf Druck des Bürgermeisters von Templin ist das an diesem Samstag geplante Konzert gegen Rechtsextremismus abgesagt. Zwei Wochen nach dem mutmaßlichen Neonazi-Mord an einem arbeitslosen Tischler wollte Jörg K., Betreiber eines Irish Pubs und Neffe des Opfers, eine Bühne vor dem Pub aufbauen. Darauf sollten Bands aus der Region spielen und die Vertreter von Initiativen gegen rechts zu Wort kommen. Doch der Bürgermeister der Stadt mit ihren knapp 18.000 Einwohnern im Norden Brandenburgs findet: Im Kampf gegen Rechtsextremismus sollte es keine Alleingänge geben - das Konzert lehnt er deshalb ab. Kritiker werfen ihm nun vor, das Engagement von Bürgern zu behindern.

Der parteilose Bürgermeister von Templin, Ulrich Schoeneich, sagte zu taz: "Am nächsten Dienstag tagt zum ersten Mal die extra von der Stadt eingerichtete Arbeitsgruppe. Die soll dann beraten, was wir in Templin machen können, um uns aus der Schockstarre zu lösen." Dazu will er zum Beispiel auch mit einem mobilen Beratungsteam gegen Rechtsextremismus zusammenarbeiten. Schoeneich: "Es ist nicht sinnvoll, dass jetzt schon Außenstehende eigene Veranstaltungen dazu machen." Gerade Gewerbetreibende sollten sich zurückhalten, damit nicht der Eindruck entsteht, politische Veranstaltungen würden mit kommerziellen Hintergedanken organisiert.

Am Mittwoch hatte Schoeneich daher Jörg K. angerufen und ihn gebeten, die Veranstaltung abzusagen. Dieser war "erst mal sprachlos, aber genug verunsichert, um das zu canceln". Dabei findet er eigentlich: "Man kann gar nicht genug gegen Rechtsextremismus machen - es ist albern, dass die Stadt das zentral an sich ziehen will."

So sieht das auch Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung. Sie sollte die Veranstaltung moderieren und ist jetzt empört: "Anstatt den Veranstalter zu ermutigen, werden dem Knüppel zwischen die Beine geworfen." Jetzt will Jörg K. die Veranstaltung "noch mal mit mehr Vorlauf planen und dann groß aufziehen". Geplanter Termin: in drei Wochen.

Am Freitag wurde unterdessen das Opfer beerdigt. Der 55-jährige arbeitslose Tischler wurde vor knapp zwei Wochen durch Tritte gegen den Kopf getötet. Zwei als rechtsextrem bekannten Templiner stehen unter dringendem Tatverdacht. Der 18-jährige Sven P. hatte am Tag des Verbrechens nach Auskunft der Staatsanwältin Lolita Lodenkämper ein T-Shirt mit dem Bild des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß getragen, der 21-jährige Christian W. ein Sweatshirt mit der Aufschrift "Frontkämpfer". Lodenkämper: "Beide sitzen nach wie vor in Untersuchungshaft und schweigen. Ein rechtsextremer Hintergrund wird von uns geprüft, das Motiv ist unklar."

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