Nazi-Aufmarsch in Dresden: Gezerre um Blockaden

Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz weigert sich, den Blockierern zu danken. Der Politologie-Professor Eckhard Jesse kritisiert die Blockaden, aber auch Helma Orosz.

Aktionsform Schienenblockade. Bild: André Schulze - Lizenz: CC-BY

Nach den Protesten vom vergangenen Wochenende in Dresden streiten die Akteure weiter um die Deutungshoheit über die Leistungen bei der Verhinderung des Nazi-Aufmarschs. Im Netz kommt vor allem die Position der Blockierer vor: Da wird sich über die Menschenkette lustig gemacht und davon gesprochen, dass man allein mit ihr den Nazi-Aufmarsch niemals verhindert hätte.

Der Tweet "Hätte ich gäwosst, dass man mit Händchenhalten marschierände Hordän aofhalten kann, hätte ich das för die Verteidigong Bärlins bäfohlen!" des Satire-Twitter-Accounts @derFuehrer war im Netz sehr beliebt, er wurde hundertfach "retweetet". Unzufrieden waren viele Twitterer auch mit der Berichterstattung durch die öffentlich-rechtlichen Medien, insbesondere des MDR.

Kern des Konflikts ist die Beurteilung der Aktivitäten auf der Neustädter Seite Dresdens. Ist es richtig, eine genehmigte Demonstration mit Blockaden zu verhindern? Ist die Sachlage eine besondere, wenn es darum geht, eine Nazi-Demo zu blockieren? Während das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, dass eine friedliche Blockade keine Straftat ("Nötigung") darstellt, bleibt doch gleichzeitig die Frage nach der moralischen Einordnung von Blockaden.

Das Bündnis "Dresden Nazifrei", das die Blockaden mit organisiert hat, zieht ein positives Fazit. Wenig überraschend: Für das Bündnis ist die Verhinderung des Naziaufmarschs "ein großer Erfolg". Im Aktionskonsens grenzt man sich aber durchaus von brennenden Barrikaden ab: "Unsere Massenblockaden sind Menschenblockaden".

Auch die gefallen dem Politik-Professor Eckard Jesse von der TU Chemnitz nicht. Jesse hat jetzt in einem dpa-Gespräch die Verhinderung des Nazi-Aufmarsch durch Blockaden als "Niederlage für den Rechtsstaat" bezeichnet. Auf taz-Nachfrage bekräftigt Jesse seine Position noch einmal: "In einem Rechtsstaat entscheiden die Gerichte und nicht die Gegendemonstranten, ob, wann und wo demonstriert wird."

Jesse wundert sich aber auch über die Darstellung in den Medien und durch die Dresdner Bürgermeisterin Helma Orosz. "Es ist eine Legende, dass die Menschenkette die Demonstration verhindert hat", sagt Jesse, lobt die Menschenkette gleichzeitig als "positiv", voller Stille und Würde und merkt mehrfach an, dass er sich wundere, dass die Dresdner Bürgermeisterin die Blockaden überhaupt nicht nennt. "Hat sie keine Meinung dazu?" fragt Jesse, um dann nachzuschieben: "Eine Stellungnahme ist nötig!"

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.