Nach Rückzug von Michael Glos: Guttenberg wird Wirtschaftsminister

Nun ist es offiziell: CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg wird Bundeswirtschaftsminister. Er folgt auf Michael Glos, der sein Amt aufgibt.

CSU-Chef Seehofer will seinen Generalsekretär nach Berlin schicken: Karl-Theodor zu Guttenberg. Bild: dpa

BERLIN taz/dpa/afp CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg soll neuer Bundeswirtschaftsminister werden. CSU-Chef Horst Seehofer sagte am Montag vor Journalisten in München, er werde Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Guttenberg als Nachfolger von Michael Glos vorschlagen. Die Entscheidung sei mit Merkel und Verantwortungsträgern innerhalb der CSU bereits abgestimmt und "einvernehmlich festgelegt".

Seehofer sagte, er sei überzeugt, dass Guttenberg in wirtschaftlich schwieriger Zeit ein "guter Anwalt der Wirtschaftsinteressen der Bundesrepublik Deutschland sein wird". Der 37-jährige Guttenberg hat ein Bundestagsmandat. Wirtschaftliche Erfahrung hat er durch die Leitung des Familienunternehmens der Adelsfamilie.

Nachfolger Guttenbergs als CSU-Generalsekretär soll laut Seehofer der Bundestagsabgeordnete Alexander Dobrindt werden. Der 38-Jährige sitzt seit 2002 im Bundestag. Die Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär soll demnach stellvertretende Generalsekretärin werden.

Der 37-jährige Guttenberg macht damit schon gut drei Monate nach seiner Ernennung zum Generalsekretär einen erneuten Sprung auf der Karriereleiter. Seine ursprüngliche Aufgabe war es, die Partei nach der Schlappe bei der Landtagswahl zusammen mit dem neuen CSU-Chef Seehofer neu auszurichten.

Für die Spitzen von CDU und SPD sind die Turbulenzen, die Wirtschaftsminister Michael Glos mit seinem Rücktrittswunsch ausgelöst hat, vornehmlich ein Problem der CSU. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich am Wochenende nicht offiziell zum Rücktrittswunsch ihres Wirtschaftsministers geäußert.

Ein Wechsel an der Spitze des Ministeriums ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl würde für die Bundesregierung größere Probleme schaffen, als der Verbleib eines einflusslosen Ministers auf Abruf. Beriefe Merkel jetzt einen Nachfolger, müsste der sich seine Position erst einmal erkämpfen und damit das ausbalancierte Machtverhältnis in der Regierung durcheinanderbringen.

Nichts wie weg: Michael Glos will nicht mehr Wirtschaftsminister sein. Bild: dpa

Für ein wenig Spaß am Morgen sorgte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Er brachte gegenüber der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) als Nachfolger von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) ins Gespräch - als neuen Superminister. Da hat der Oppermann das Prinzip der Koalition offenbar nicht ganz verstanden.

Ein Bundesminister kann nicht einfach kündigen. In diesem Fall geht es nicht um Arbeits-, sondern um Verfassungsrecht. Das Grundgesetz schreibt in Artikel 64 fest, dass Minister vom Bundespräsidenten auf Vorschlag des Bundeskanzlers ernannt werden. Lehnen diese Verfassungsorgane den Rücktritt ab, bleibt der Minister im Amt.

Otto Bernhard, finanzpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, machte für Glos' Rücktrittsbrief an CSU-Chef Horst Seehofer "interne Probleme" der bayerischen Christdemokraten verantwortlich. Seehofer habe eine Debatte über die Nachfolge von Glos zugelassen. Das habe der Wirtschaftsminister nicht akzeptieren können, so Bernhard. Der Unternehmer und CSU-Schatzmeister Thomas Bauer sagte am Sonntag, er habe mit Seehofer darüber gesprochen, künftig ein höheres Amt zu übernehmen. Er wolle sich aber nicht aufdrängen, so Bauer, "ich treibe keinen Minister aus dem Amt."

Glos hat mit seinem überraschenden Rücktrittsgesuch nun einen Vertrauensbeweis Seehofers erzwungen. "Das ist ein Minuspunkt für Seehofer", sagte Bernhard. "Ordnungspolitisch" betrachtet sei er "froh", dass Merkel und Seehofer den Rücktritt ablehnten. Mit seiner liberalen Haltung bilde Glos ein Gegengewicht zur SPD.

Auch SPD-Fraktionsvize Joachim Poß sieht Glos' Schritt als "Reaktion auf Seehofers Demontage-Versuche". Das "Hauptproblem" sei die "Konfrontationsstrategie", die CSU-Chef Seehofer gegenüber der CDU an den Tag lege. Durch eine kompromisslose Haltung in der Steuer- und Finanzpolitik wolle sich der neue CSU-Chef auf Kosten der Bundesregierung profilieren und sei deshalb mit Glos aneinandergeraten. "Seehofer will den deutschen Sarkozy geben", sagte Poß in Anspielung auf die Politik des französischen Staatspräsidenten.

Der SPD-Politiker kritisierte die "Machtspielchen" der CSU und den "unverantwortlichen Umgang" der Christsozialen mit ihrem Ministerium angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise. SPD-Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier sieht den Ball ebenfalls im Feld der CSU liegen. Die Partei befinde sich "im Hindernislauf - wie der ausgeht, weiß ich auch noch nicht."

Für die Opposition sind die Zerwürfnisse eine Steilvorlage. Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast erklärte, Merkel müsse Glos' Rücktrittsgesuch sofort annehmen. Es sei schädlich für Deutschland, einen Wirtschaftsminister zu halten, "der selber meint: ,Holt mich hier raus'", sagte Künast in Anspielung auf die RTL-Sendung "Dschungelcamp". "Eine außer Kontrolle geratene bayerische Regionalpartei blockiert das ganze Land und die Kanzlerin schaut macht- und tatenlos zu", sagte Künast.

"Der Fall Glos wird zum Symbol für das Versagen von Angela Merkel in der Krise. Mit Durchwursteln ist der Krise nicht beizukommen", kommentierte Klaus Ernst, Vize-Chef der Linksfraktion.

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