Moscheenstreit: Gotteshäuserkampf in Frankfurt

Multikulturelle Idylle bedroht: Das Stadtparlement befürwortet den Bau einer dritten Moschee - NPD und REPs wollen am Samstag gegen die Minarette demonstrieren.

Bei den nächsten Protesten gegen eine Moschee wollen die Rechtsextremen mit aufspringen. Bild: dpa

FRANKFURT taz Frankfurt am Main, Ortsteil Hausen. Ein schon lange multikulturelles Viertel im Westen der Mainmetropole. Menschen aus fast allen Ländern der Erde sind dort heimisch geworden. Man schien sich wechselseitig zu respektieren. Und die Religion des "anderen" war nie ein Problem. Nirgendwo sonst in Frankfurt stehen christliche Kirchen diverser Glaubensrichtungen - unter anderem ein Gebetshaus koptischer Christen und eine russisch-orthodoxe Kapelle - so eng neben zwei Moscheen wie am Rande der Gemarkung Hausen.

Doch seit die schiitische Hazrat-Fatima-Gemeinde gleich neben der mit Turmzwiebeln geschmückten "Russenkirche" für rund drei Millionen Euro eine weitere Moschee mit zwei Minaretten errichten will, ist es vorbei mit der mutmaßlichen Mulktikultiidylle im Viertel. Alteingessene Hausener haben sich zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen und schon knapp 1.000 Unterschriften gegen das Bauvorhaben des türkisch-pakistanischen Moscheenvereins auf dem 1.000 Quadratmeter großen Gelände direkt am Verkehrskreisel vor den Autobahnzubringern gesammelt. Ihr Credo: "Es reicht!" Noch eine Moschee könne Hausen nicht verkraften. Von "islamistischer Landnahme" in Hausen war die Rede.

In einem Offenen Brief an Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) zogen die Gegner des Bauvorhabens alle Register und listeten nahezu sämtliche gängigen Vorurteile gegenüber dem Islam auf. Der Islam sei "unvereinbar mit unserer Rechtsordnung", heißt es darin. Und dass die Anhänger des Islam andere Religionen nicht achteten. Die Moschee-Gegner appellierten an Roth, sich ihrer "Verantwortung für alle Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt" bewusst zu werden: "Gerade Sie als Frau können doch nicht über die Menschenrechtsverletzungen an vielen Mädchen und Frauen im Islam hinwegsehen." Dabei hatte der Sprecher der Fatima-Gemeinde, der in Deutschland geborne deutsche Staatsbürger Ünal Kaymakcy, zuvor ein Bekenntnis zu "unserer deutschen Rechtsordnung" abgelegt, die verbindlich für alle Muslime in Deutschland sei. Menschenrechtsverletzungen anderswo seien deshalb für einen "deutschen Islam" überhaupt nicht relevant.

"Wir wollen die Moschee nicht, ganz egal was Ihr sagt!", war jedoch der Tenor bei den Stellungnahmen der Bürger, die sich auf einer Sondersitzung des Ortsbeirats zum Thema zu Wort meldeten. Dort wurde erklärt, man habe Angst vor einer "Islamisierung" ganz allgemein und speziell vor "islamistischem Terror". Andere beschworen ein "Parkchaos" rund um Moschee herauf. Mit islamfeindlichen Äußerungen tat sich an diesem Abend vor allem der Stadtverordnete der Freien Wähler (BFF) in Frankfurt, Wolfgang Hübner, hervor. Aber auch lokale Vertreter von Grünen und CDU machten - ganz im Gegensatz zu ihren Stadtverbänden und den Fraktionen in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung im Römer- mit Front gegen den "islamistischen Neubau". Die Vertreter der Stadt reagierten eher hilflos. Über das bisherige "friedlichen Miteinander der Kulturen" referierte etwa der Frankfurter Multikulturdezernet Jean-Claude Diallo. Und dass man doch gezwungen sei, miteinander auszukommen. Hören wollte das im Auditorium (fast) niemand - auch nicht die Stellungnahme des Bauamtsleiters, wonach die Stadt das angebliche Parkproblem "längst im Griff" habe. Gegen den Moscheebau sprachen sich auch der Zentralrat der Ex-Muslime und die russisch-orthodoxe Gemeinde aus. In einem Brief an Roth schrieb Erzpriester Dimitri Graf Ignatiewn, dass viele seiner Gemeindemitglieder "persönliche, oft sehr traumatische Erfahrungen mit dem Islam und einzelnen Muslimen" hätten machen müssen.

Das Stadtparlament allerdings zeigte sich ganz überwiegend unbeeindruckt. CDU, SPD, FDP und Grüne verabschiedeten einen gemeinsamen Antrag für den Moscheenbau. Der Tenor der Stellungnahmen der Kommunalpolitiker im Römer: Der Islam müsse raus aus den Hinterhöfen - und rein ins öffentliche Leben in Deutschland. Bislang nämlich beteten die Mitglieder der Fatima-Gemeinde in einer "Garagenmoschee" im Stadtteil Griesheim.

Genau so sieht das auch der ehemalige Frankfurter Multikulturdezernet, der grüne Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit. Nachdem in Hausen Nachrichten über einen angeblichen Hassprediger in den Reihen der Fatima-Gemeinde kursierten, sagte er auf einer Diskussionsveranstaltung, dass es ihm lieber sei, dass es Moscheen gebe, in denen man "hören kann, was die Imame sagen". Oberbürgermeisterin Roth kündigte jetzt die Gründung eines Arbeitskreises in Hausen an, in dem muslimische und nichtmuslimische Bürger ihre Sorgen und Ängste vortragen und sich miteinander auseinandersetzen könnten. "Ich will die politische Debatte, denn die Brisanz interkultureller Konflikte macht den offenen und tabufreien Dialog erforderlich", erklärte Roth.

An diesem Samstag will die rechtsextremistische NPD, von der sich die Hausener Bürgerinitiative klar distanzierte, vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen um den Moscheenbau ihr braunes Süppchen kochen. Eine Demonstration durch das Viertel ist angemeldet. In die Gegendemonstration des Römerbergbündnisses will sich OB Roth ganz vorne einreihen.

In der Opelstadt Rüsselsheim wollen die "Republikaner" zeitgleich ihre hessenweite Kampagne "gegen Minarette" starten; eine Verbotsverfügung der Stadt, die Ende April nicht juristisch gegen eine Demo der NPD vorging, wurde vom Verwaltungsgericht wieder aufgehoben.

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