Für Zivilcourage verklagt: Hakenkreuz-Kritik ist teuer

Für den Hinweis auf ein offen getragenes Hakenkreuz-Abzeichen erhielt ein Mann vom Amtsgericht in Bautzen eine saftige Geldbuße. Der Grund: Verleumdung.

Nazisymbole sind verboten - doch wer der Polizei Hinweise liefert, wird selbst verklagt. Bild: dpa

Bernhard Herbach aus einem Dorf nahe der sächsischen Kreisstadt Bautzen fühlt sich für seine Zivilcourage übel behandelt. Als "Dank" für seinen Hinweis auf einen in aller Öffentlichkeit getragenen Hakenkreuz-Orden flatterte ihm ein Strafbefehl des Amtsgerichtes Bautzen wegen falscher Verdächtigung ins Haus: ein Jahr Bewährungsstrafe bei Androhung von 1.800 Euro Geldbuße plus Verfahrenskosten. Herbach, so heißt es im Schreiben, soll wissentlich den ihm völlig unbekannten Friedrich H. verleumdet haben.

Der Jungrentner hatte sich an Pfingsten 2007 im nahe gelegenen Barockschloss Rammenau die Schlossrundfahrt mit ihren etwa 50 historischen Pferdegespannen angesehen. Ein Mann in einer Königlich-Sächsischen Offiziersuniform fiel zunächst Herbachs Frau auf. Einer der Orden an der Uniform passte nicht zu den anderen bis 1918 üblichen: ein Hakenkreuz am schwarz-weiß-roten Band. Der Orden stamme aus der Familie, habe der darauf angesprochene ältere Herr stolz bestätigt, während die Uniform von der Staatsoper in Dresden entliehen sei - so erinnert sich Herbach.

Er informierte daraufhin telefonisch das Polizeirevier in Bischofswerda. Zur Zeugenvernehmung ein Vierteljahr später erschien er allerdings nicht persönlich. Er habe seinem telefonischen Hinweis zu Pfingsten nichts hinzuzufügen, erklärte Herbach stattdessen. Nach Auskunft des Bautzener Amtsgerichtsdirektors Jürgen Volk taucht im Protokoll dieses ersten Anrufs bereits der Name des Friedrich H. auf. Wie aber der diensthabende Polizist diesen zweifelsfrei ermitteln konnte, obwohl H. doch angeblich kein verfassungswidriges Symbol getragen haben soll, blieb bislang unklar.

Kurz vor Weihnachten 2007 wurde Herbach plötzlich als Beschuldigter zum Staatsschutz nach Görlitz vorgeladen. Friedrich H. habe, so Amtsgerichtsdirektor Volk, Strafantrag gegen ihn gestellt. Fotos würden belegen, dass er kein Hakenkreuzabzeichen getragen habe. Auch die beiden Herren des Staatsschutzes, so erinnert sich Herbach, unterstellten ihm, er habe sich einen Jux machen wollen, um die Polizei zu beschäftigen und H. zu verleumden.

Im Februar dieses Jahres erhielt er den Strafbefehl und beschloss, ihn zu ignorieren. Den Einsatz von zusätzlichen Finanzen, um ein Einspruchsverfahren zu bezahlen, wollte er nicht riskieren. "Vor allem wurmt mich, dass ich wie ein dummer Junge behandelt worden bin", sagt er. Erst nach Wochen gelang es ihm, Richter Nimphius endlich ans Telefon zu bekommen. Die Verfahrenskostenrechnung von 63,50 Euro ignoriert er ebenfalls. "Bei mir ist eh nichts zu holen", lässt es der kurz vor seiner Rente stehende Mann auf Vollstreckung ankommen.

Der in der Lausitz praktizierende sorbische Rechtsanwalt und Landtagsabgeordnete der Linksfraktion, Heiko Kosel, hält allein schon die Anwendung des Verdächtigungsparagrafen 164 für fragwürdig. Der Rechtsstaat lebe auch von Hinweisen der Bürger auf Straftaten.

Bernhard Herbach spekuliert inzwischen über mögliche politische Hintergründe. Denn Friedrich H. ist offenbar kein Unbekannter. Er vertrat den Landkreis Bautzen offiziell beim Sächsischen Erntedankfest, und Landrat Michael Harig (CDU) prämierte ihn bei der Schlossrundfahrt Rammenau. Inzwischen liegt eine Petition Herbachs beim Sächsischen Landtag, die vor allem eins bringen soll: volle Akteneinsicht.

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