Keine Normenkontrollklage aus NRW: Hartzer sollen selber klagen

Nordrhein-Westfalens Landesregierung hat sich umentschieden und will nun doch nicht gegen den Hartz-Kompromiss klagen. Das verärgert die Abgeordneten.

Landesregierung von NRW macht beim Hartz-IV-Kompromiss einen Rückzieher: Keine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Bild: dpa

BOCHUM taz | Nordrhein-Westfalens rot-grüne Landesregierung will den nach langem Streit beschlossenen Hartz-Kompromiss doch nicht vom Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen. "Eine Normenkontrollklage ist kein Thema", so der Sprecher von NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD), Lothar Wittenberg, zur taz.

Die Abgeordneten zeigten sich enttäuscht – der nordrhein-westfälische Landtag hatte mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken die rot-grüne Minderheitsregierung aufgefordert, gegen den Hartz-IV-Beschluss erneut vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Die Berechnung sei "willkürlich, intransparent und nicht urteilskonform", befanden die Parlamentarier.

Besonders heftig kritisierte die Linke den Rückzieher von SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und ihres Arbeitsministers Schneider. Die "unzureichende Sicherung erwerbsloser Menschen und ihrer Kinder" werde "weiter ausgehöhlt", schreibt die Sozialpolitikerin Carolin Butterwegge an Kraft. Auch die Koalitionsfraktionen machen sich weiter für die Klage stark. "Wir halten eine höchstrichterliche Prüfung für sinnvoll", sagt die grüne Abgeordnete Andrea Asch. Und für die Sozialdemokraten reagiert der Vorsitzende des Landtags-Sozialausschusses, Michael Scheffler, völlig überrascht auf den Klageverzicht: "Da werden wir noch drüber reden müssen."

Sozialverbände hatten auf NRW gehofft

Enttäuscht reagieren auch die Sozialverbände. Schließlich können nur die Regierungen von Bund, Ländern oder ein Viertel der Bundestagsabgeordneten per Normenkontrollklage direkt nach Karlsruhe ziehen. Hartz-Beziehern ist dagegen der langjährige Weg durch alle Instanzen auferlegt.

Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hatte sich Ende Februar auf eine Erhöhung der Hartz-Sätze um fünf Euro geeinigt. Verhandlungsführerinnen waren Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig (SPD). Beschlossen wurde auch ein Bildungspaket für Kinder: Die Neuregelung war erst durch das Bundesverfassungsgericht ausgelöst worden.

Sozialverbände hatten den Kompromiss scharf kritisiert: "Mit Sicherheit nicht verfassungsgemäß", sei der, hatte etwa Hermann Zaum, Landesgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands in NRW, gesagt. Von "statistischen Tricksereien" hatte Stefan Koch vom Sozialverband Deutschland gesprochen. Die Höhe der Sätze sei nicht ermittelt, sondern von Schwarz-Gelb im Bund willkürlich beschlossen worden.

Die Verbände, die selbst kein Klagerecht besitzen, hatten deshalb auf NRW gehofft: Für eine Klage von Grünen und Linken im Bundestag reicht deren Abgeordnetenzahl nicht aus. Und SPD-geführte Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern haben dem Kompromiss zugestimmt.

Die Landesregierung will trotzdem hart bleiben. Zwar habe auch Minister Schneider als einstiger DGB-Landeschef massive Zweifel, ist aus Düsseldorf zu hören. Trotzdem könne das SPD-geführte Land schlecht gegen den Kompromiss klagen - der sei immerhin von der stellvertretenden SPD-Bundesvorsitzenden Schwesig ausgehandelt worden.

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