Überwachungspanel am taz-Kongress: "Internet ist Trallafiti"

SPD-Innenexperte Wiefelspütz fordert, Privatwohnungen "definitiv zu schützen" und CCC-Sprecherin Kurz ärgert sich über den Vorwurf übertriebener Panik.

Der Bundesdatenschutzbeaufragte Peter Schaar plädiert für "Tabuzonen der Überwachung". Bild: monica araus-sieber

Der Saal ist voll. Freiheit statt Angst ist wohl ein Anliegen, dass viele beschäftigt. Nach der Reform des BKA-Gesetzes und der Vorratsdatenspeicherung haben immer mehr Angst vor der heimlichen Überwachung. Christian Rath, rechtspolitischer Korrespondent der taz, eröffnet das Panel mit der These, dass Bürgerrechtler unfreiwillig zu einer übertriebenen Panik über einen möglichen Überwachungsstaat beitragen.

Außerdem seien viele Maßnahmen zu Überwachung nicht neu. Es sei wichtig Tabuzonen festzulegen. Rath konzentriert sich dabei nur auf private Wohnungen und Tagebücher. Das ist Constanze Kurz vom Chaos Computer Club absolut zu wenig. Sie kann dazu nur schmunzeln. "Heute ist nicht mehr die Wohnung, sondern vor allem der Computer Fokus der Privatsphäre", sagt sie. Deswegen sollten gerade Online-Daten besonders geschützt werden. Doch das Gegenteil ist der Fall. Denn durch die neue Vorratsdatenspeicherung müsse man immer Angst haben, überwacht zu werden. "Das ist ein erheblicher Eingriff in die Privatsphäre", sagt Kurz. "Vor allem etwas ganz anderes, als wenn man bewusst weiß, dass sein Computer beschlagnahmt wird."

Auch Bundesdatenschutzbeauftragter Peter Schaar findet, dass es insbesondere beim Internet Tabuzonen der Überwachung geben sollte. Hier sollte ein klarer Grundsatz festgelegt werden, damit bestimmte Bereiche auch im Web 2.0 nicht überwacht werden dürfen. Die ständig präventive Datenspeicherung führe dazu, dass Daten nicht nur gezielt, sondern auch im Nachhinein zur Strafverfolgung herangezogen werden. Dies kritisieren nicht nur Schaar, sondern auch FDP-Bundestagsabgeordnete Max Stadler und zahlreiche Stimmen aus dem Publikum.

Wo Schaar und Kurz sich fortschrittlich zur Generation Internet äußern und auf die Sensibilität, die man in Bezug auf Datenüberwachung auch hier haben sollte, hinweisen, hinkt Dieter Wiefelspütz, innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, weit hinterher. Er gibt zwar selbst zu, dass er sich bei den technischen Neuerungen nicht gut auskennt und es absoluten "parlamentarischen Aufholbedarf" gibt. Aber spätestens als er Internet & Co. als "Trallafiti" beschreibt, merkt man, dass sich die Ernsthaftigkeit, sich damit auseinanderzusetzen, in Grenzen hält. Auch sonst redet Wiefelspütz um den heißen Brei herum. Das stört offensichtlich die Zuhörer. Auf die Frage, was für ihn die Tabuzonen von Überwachung sind, antwortet er erst nach erneuter Frage aus dem Publikum: Die private Wohnung und Tagebücher sollten definitiv geschützt werden. Doch bei der Formulierung für die Schutzbereich im PC-Zeitalter bleibt er erneut schwammig.

Kurz vor Schluss des Panels regt das Publikum zwei weitere Themen an, Ursula von der Leyens Aktion zur Sperrung von kinderpornografischen Seiten im Internet und den Missstand, dass fehlerhaftes staatliches Verhalten meistens ohne Konsequenzen bleibt. Jetzt ist das Panel über der Zeit. Die Diskussion muss hier auf dem Kongress leider abgebrochen werden. Doch bestimmt werden viele der Ideen und Thesen in den kommenden Wochen weiter diskutiert werden. Zumindest in der taz.

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