SPD-Abgeordneter Tauss: "Wollte Kinderporno-Ring sprengen"

Der SPD-Politiker Jörg Tauss gibt den Besitz von kinderpornographischem Material zu. Er habe "szenetypisch" recherchiert. Sein Mandat will Tauss dennoch behalten.

"Ja, ich habe Mist gebaut": Jörg Tauss vor der Presse. Bild: reuters

KARLSRUHE taz Jörg Tauss ging gestern in die Offensive. Auf einer Pressekonferenz erklärte der SPD-Abgeordnete, er habe in seiner Berliner Wohnung kinderpornographisches Material aufbewahrt, das aus einer Recherche in der Pädophilen-Szene stamme. Er selbst sei aber "kein Pädophiler" und an dem Material privat nicht interessiert.

Tauss gab an, er habe beweisen wollen, dass kinderpornographische Inhalte nicht frei im Internet zugänglich seien, sondern nur in abgeschlossenen Nutzergruppen gehandelt werden. Deshalb sei eine Zensur des Internets auch unnötig, so Tauss Ausgangsthese, die er bestätigt sah.

Nebenbei habe er noch versucht einen Kinderpornoring zu sprengen, bei dem Kinder vor der Kamera missbraucht werden. Wäre das geglückt, hätte es "meinem Bekanntheitsgrad nicht gerade geschadet". sagte er gestern mit demonstrativer Selbstironie. Allerdings seien seine Ermittlungen hier "unergiebig" gewesen.

Bei seiner Recherche ging Tauss nach eigener Darstellung von chatroom-artigen Telefon-Hotlines aus. Dort habe er unter dem Decknamen "Werner" Pädophile kennengelernt. Vor allem mit einem Mann aus Bremerhaven, der sich "Sascha" oder "Kielburger" nannte, habe er korrespondiert. Quasi als Eintrittskarte habe man sich gegenseitig Material geschickt. Weil Tauss nicht viel zu tauschen gehabt habe, habe er "Sascha" für weitere Datenträger und Video-Kassetten 100 Euro bezahlen müssen.

Noch einmal 100 Euro will Tauss dafür gezahlt haben, dass "Sascha" ihn zu einer "Produktionsstätte" für Kinderpronographie bringt. Nachdem "Sascha" jedoch behauptete, das Geld nicht bekommen zu haben, will Tauss die Recherche beendet haben. Alle Materialien, die damit zu tun hatten, habe er in einem Koffer verstaut, der jetzt in seiner Berliner Wohnung gefunden wurde. Auf die Spur von Tauss kam die Polizei über "Sascha" aus Bremerhaven.

"Natürlich sind Abgeordnete keine Polizisten" räumte Tauss gestern ein. Allerdings fühle er sich vom Bundeskriminalamt (BKA) schlecht informiert, ja sogar "getäuscht". Das BKA versuche mit dem Thema Kinderpornographie auch seine Kompetenzen auszubauen, so Tauss.

Der Sozialdemokrat betonte, seine Mitarbeiter hätten von der Recherche nichts gewusst. "Ich wollte mein Umfeld damit nicht belasten." Als Abgeordneter habe er sich jedoch zu derartigen Recherchen berechtigt gefühlt. Tauss berief sich dabei auf Paragraph 184b Absatz 5 des Strafgesetzbuches. Danach kann der Besitz von Kinderpornos straffrei sein, wenn dies der Erfüllung "dienstlicher oder beruflicher Pflichten" dient.

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft gehören solche Recherchen jedoch nicht zu den Aufgaben eines Abgeordneten. Heute wisse er, so Tauss, dass er sich besser hätte beraten lassen sollen. "Ja, ich habe Mist gebaut", sagte der SPD-Mann.

Tauss war gestern von der Staatsanwaltschaft erstmals vernommen worden. Die Auswertung der beschlagnahmten Datenträger habe jedoch noch nicht einmal begonnen, kritisierte sein Anwalt Jan Mönikes. "Bis das abgeschlossen ist, kann es noch Wochen oder gar Monate dauern." Erst dann werde sich Tauss wieder zu der Sache äußern.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.