SPD holt Hessen an die Elbe: Jusos putschen Annen weg

Der profilierte SPD-Linke Annen verliert sein Bungestagsmandat: Die Jusos setzen gegen den Willen der Parteispitze ihren Landeschef als Direktkandidaten durch.

Niels Annen: Auch Müntefering konnte nicht mehr helfen. Bild: dpa

HAMBURG taz Die Hamburger SPD steht vor einer Zerreißprobe und die SPD-Linke verliert einen ihrer profiliertesten Köpfe im Bundestag. Am Samstag wählten die SPD-Delegierten des Kreises Hamburg-Eimsbüttel gegen die Empfehlung des Landes- und des Kreisvorstandes Niels Annen als Bundestags-Direktkandidaten ab.

Mit hauchdünner Mehrheit von 45:44 Stimmen setzten sie den Chef der Hamburger Jusos, Danial Ilkhanipour, an seine Stelle. "Kein schöner Tag", kommentierte Annen schmallippig seine Niederlage, kündigte aber an, der SPD als Mitglied des Bundesvorstandes erhalten zu bleiben.

Seit Wochen hatte die SPD auf allen Ebenen versucht, diesen Wahlausgang zu verhindern. Eimsbüttels Kreischef Jan Pörksen hatte in einem Brandbrief vor der Wahl Ilkhanipours gewarnt, Landeschef Ingo Egloff vergeblich versucht, den Sohn iranischer Einwanderer von seiner Kampfkandidatur abzubringen.

Beide Politiker haben nun einen erheblichen Autoritätsverlust zu beklagen: Pörksens Rücktritt gilt als wahrscheinlich.

In Hamburgs SPD spricht man offen über einen Putsch der dem rechten Parteiflügel zugeordneten Jusos: Von "hessischen Verhältnissen" ist die Rede. Pörksen wirft Ilkhanipour eine"gezielte Unterwanderungsstrategie" vor.

Durch einen "generalstabsmäßigen Auftritt von angekarrten Jusomitgliedern" habe der Juso-Chef in den Distrikten Delegierte durchstimmen lassen, die zu seinen Getreuen zählten und ihm nun den Wahlsieg bescherten. Erst nach diesen Delegiertenwahlen hatte Ilkhanipour seine Kandidatur überhaupt bekannt gegeben. Pörksen: "Dieses Vorgehen war von langer Hand geplant - ein Stil, der die Partei kaputt macht."

Immer öfter fällt in diesem Zusammenhang der Name Johannes Kahrs, Sprecher des parteirechten Seeheimer Kreises. Ilkhanipour gilt als Intimus von Kahrs, der in Hamburg-Mitte für die SPD als Bundestagskandidat antritt. Seit Jahren sind Annen und Kahrs, der als begnadeter Strippenzieher gilt, in inniger Feindschaft miteinander verbunden.

Bislang galt in Hamburg zwischen den Flügeln: Lasst ihr uns unseren Kahrs, bekommt ihr euren Annen. Dass nun ausgerechnet ein Kahrs-Zögling den Wahlkreis Eimsbüttel übernimmt, bringt die Links-rechts-Arithmetik in Hamburgs SPD gewaltig durcheinander.

Da die Hamburger SPD bei den vergangenen Wahlen stets nur ihre Direktkandidaten, aber keinen einzigen Bewerber der Landesliste in den Bundestag schicken konnte, bleibt ihr kaum eine Möglichkeit, Annen noch im Berliner Reichstag zu platzieren. Zahlreiche SPD-Bundestagsabgeordnete wie Gernot Erler oder Hans-Ulrich Klose hatten deshalb zuvor für Annens Wiederwahl geworben.

Selbst Parteichef Franz Müntefering schaltete sich in die Debatte um Annen aktiv ein und forderte SPD-Landeschef Egloff auf, die Wiederwahl des Vertrauten von Andrea Nahles und stellvertretenden Sprechers der Linken in der SPD-Bundestagsfraktion sicherzustellen. Annen, sagte Müntefering, spiele eine wichtige Rolle für die Bundespartei und sei auch als Außenpolitiker unverzichtbar. Nun wird die SPD-Fraktion auf ihn verzichten müssen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.