Ärztehonorare: Kassentricks machen depressiv

Krankenkassen drängen Ärzte oft dazu, bei Patienten lukrative Krankheiten zu diagnostizieren. Das soll künftig eine Richtlinie verhindern

Je schwerer die diagnostizierte Krankheit, desto "wertvoller" der Patient. Bild: ap

BERLIN apEine Mauschelei mit bösen Folgen für Patienten soll künftig unterbunden werden: Eine neue Richtlinie soll Krankenkassen davon abhalten, Ärzte mit Geld oder Vergünstigungen zu bestimmten Diagnosen zu drängen. Dies kündigte die Kassenärztliche Bundesvereinigung am Montag in Berlin an.

Derzeit würden Medizinern von einzelnen Krankenkassen bundesweit bis zu 10 Euro für die Überprüfung einer Diagnose geboten. Hintergrund ist die Neuerung, dass die Kassen für bestimmte schwere Krankheiten deutlich mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds bekommen als für leichtere Beschwerden.

So erhalten die Kassen zum Beispiel für die Versorgung eines Patienten mit einer "Depression" mehr Geld als für einen mit einer "depressiven Verstimmung". Die Diagnose liegt bisweilen im Ermessen des Arztes. Der Patient aber "läuft dann lebenslang mit der Diagnose herum", wie KBV-Chef Andreas Köhler sagte. Eine Depression könnte zum Beispiel einem Wechsel in die private Krankenversicherung entgegenstehen.

In rund 100 Fällen sei der Versuch der Einflussnahme von Krankenkassen dokumentiert, sagte Köhler. Doch gebe es eine Dunkelziffer. Eine "Kodierrichtlinie" soll ab 2010 Abhilfe schaffen. Sie soll Regeln für die Mediziner vorgeben und sie anhand von "Plausibilitäts-Richtlinien" überprüfbar machen.

Schon vor Wochen hatten Ärzte Manipulationsversuche von Kassen angeprangert. Auch die Aufsicht der Krankenkassen, das Bundesversicherungsamt, war bereits aktiv geworden. Zum Jahresbeginn war ein besonderer Finanzausgleich nach Krankheitsstatus in Kraft getreten - der sogenannte morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich -, der den Kassen für die Versorgung von 80 festgelegten schweren Krankheiten mehr Geld verspricht. Laut Köhler werden vom Gesamtetat von gut 167 Milliarden Euro im Gesundheitsfonds 68 Milliarden allein nach dem Morbi-RSA umverteilt.

Die Kassenärzte kämpfen zudem weiter um Verbesserungen der umstrittenen Honorarreform, die ebenfalls zu Jahresbeginn in Kraft getreten war. In den nächsten Monaten stehen weitere Verhandlungsrunden mit den Krankenkassen an. Ziele der Ärzte sind eine bessere Vergütung der Leistungen und eine Korrektur der Verteilung zwischen den Ärzten. Laut Köhler gibt es noch keine Daten aus den ersten Monaten 2009, wie sich die Reform genau auswirkt.

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