Sonderfonds für Aussteiger: Köder für Taliban-Kämpfer

Neue Strategie für Afghanistan. Außenminister Westerwelle will Taliban-Aussteigern Geld aus einem Sonderfonds anbieten, damit sie sich von radikalen Islamisten abwenden.

Das Militär allein, wie hier die Briten bei einer Landung in einer afghanischen Provinz, wird die Taliban nicht unter Kontrolle bekommen. Bild: dpa

Wenige Tage vor der Afghanistan-Regierungskonferenz, die am Donnerstag in London beginnt, zeichnen sich Konturen des künftigen deutschen Engagements am Hindukusch ab. Außenminister Guido Westerwelle erklärte, die Bundesregierung wolle "zusätzliches Geld in die Hand nehmen", um Kabul bei der "Wiedereingliederung" versöhnungsbereiter Aufständischer zu unterstützen.

"Es gibt viele Mitläufer der Talibanterroristen, die nicht aus fanatischer Überzeugung, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen auf einen falschen Weg geraten sind", sagte Westerwelle der BamS. "Wir wollen diesen Menschen eine wirtschaftliche und soziale Perspektive bieten."

Afghanistans Präsident Hamed Karsai hatte das Wiedereingliederungsprogramm am Donnerstag erstmals öffentlich erwähnt und Bedingungen genannt, unter denen Aufständische teilnehmen können: Sie müssten die geltende Verfassung akzeptieren, ihre Waffen abgeben und alle Verbindungen zu al-Qaida kappen. Japan, Großbritannien und die USA haben laut Karsai bereits signalisiert, dafür Gelder bereitstellen zu wollen.

In Kabul heißt es, der vorgesehene Reintegrationsfonds beziffere sich auf etwa eine Milliarde US-Dollar. Wer ihn verwalten wird, ist umstritten: Die afghanische Regierung verlangt, dass mehr Mittel direkt an sie fließen, westliche Geber bevorzugen dagegen eine UN-Aufsicht.

US-Verteidigungsminister Robert Gates stellte sich schon hinter den Plan. "Wir erkennen an", sagte er am Freitag in Islamabad, "dass die Taliban zum jetzigen Zeitpunkt Teil des politischen Gewebes Afghanistans sind." Ein Sprecher des pakistanischen Außenministeriums erklärte am Sonnabend, seine Regierung versuche bereits "auf allen Ebenen", Kontakte zu den Taliban herzustellen.

Islamabad hat die militante Islamistenbewegung jahrelang gefördert. Skeptisch äußerte sich hingegen der außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Rainer Stinner. Er warnte, dass das Taliban-Reintegrationsprogramm nicht wie eine Belohnung von Gewalt aussehen dürfe.

Bereits in der vergangenen Woche hatte die Bundesregierung erklärt, dass sie das Volumen ihrer Entwicklungszusammenarbeit mit Afghanistan verdoppeln wolle. Laut Westerwelle wolle sie "beim zivilen Aufbau sowie bei der Schulung und Ausbildung von Polizisten und Soldaten mehr tun", um "uns in den kommenden vier Jahren eine Abzugsperspektive zu erarbeiten".

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sagte am Sonntag, er wolle noch vor der Londoner Konferenz eine Zahl für eine mögliche Aufstockung des deutschen Isaf-Kontingents nennen. Die Zahl der deutschen Ausbilder im Rahmen der EU-Polizeimission Eupol solle sich laut Innenminister Thomas de Maiziere auf 200 verdreifachen.

Gespannt darf man sein, was die Bundesregierung im Bereich Demokratieförderung tun wird. De Maiziere hatte auch gesagt, in Afghanistan eine Demokratie nach westlichem Muster zu installieren müsse und werde nicht gelingen.

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