Kommunalwahl in Schleswig-Holstein: Linke etabliert sich im Norden

Bei der Kommunalwahl in Schleswig-Holstein gewinnen Grüne und FDP, die Linke etabliert sich. CDU und SPD verlieren - und zeigen Nerven.

Not amused: Ministerpräsident Carstensen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses

KIEL taz Die Wahlverlierer zeigten Nerven - und Zähne: Vor den Kameras wechselten Schleswig-Holsteins Ministerpräsident und CDU-Chef Peter Harry Carstensen und SPD-Chef Ralf Stegner böse Worte. Die CDU habe im Kommunalwahlkampf auf die Person Carstensen gesetzt statt auf Inhalte, stichelte Stegner. Der Ministerpräsident schoss zurück: Hätte die SPD Stegners Gesicht plakatiert, wäre ihr Ergebnis noch schlechter gewesen.

Eigentlich regieren CDU und SPD Schleswig-Holstein, aber weder mögen sich die Parteichefs, noch hat einer von beiden Grund zum Jubeln. Bei den Kommunalwahlen am Sonntag haben beide große Parteien verloren, alle kleineren dagegen gewonnen. Die CDU rutschte im Landesschnitt von 50,8 auf 38,6 Prozent und verlor besonders in den Städten: In Lübeck halbierte sich die Stimmenzahl von 50 auf 25 Prozent, in Flensburg schaffte sie nur 20, in Kiel 28 Prozent. Die SPD unterbot mit 26,6 Prozent ihren historischen Minusrekord bei der Kommunalwahl 2003 noch mal um 2,8 Punkte. Die Grünen wurden mit 10,3 Prozent landesweit drittstärkste Kraft, sie verbesserten sich um 2 Punkte, die FDP stieg von 5,7 auf 9 Prozent. Die Linke, die erstmals antrat, erreichte im Landesschnitt 6,9 Prozent - in einigen Orten deutlich mehr. Stimmen hinzugewonnen haben auch die Vertretung der dänischen und friesischen Minderheit, SSW, die nur im nördlichen Landesteil antrat, sowie lokale Wählergruppen. In Flensburg schaffte es eine Gruppe mit 23 Prozent sogar zur stärksten Kraft im Rat. Die NPD, die nur in wenigen Kreisen antrat, brachte je einen Kandidaten in die Kieler Ratsversammlung und in den Kreistag im Herzogtum Lauenburg - eine Folge der schlechten Wahlbeteiligung, die im Landesschnitt bei 49,5 Prozent lag. "Das ist für alle Parteien ein Warnzeichen", sagte Anke Spoorendonk (SSW), und SPD-Mann Stegner erklärte: "Die Demokratie ist die Hauptverliererin dieses Abends."

Das stimmt - wenn "Demokratie" sich im bisherigen Parteienspektrum ausdrückt und vor allem von den Volksparteien getragen wird. Dabei ist das schlechte Abschneiden der SPD noch schwerwiegender als der zweistellige Verlust der CDU: Denn die Kommunalwahl 2003 wurde von der Debatte um die Hartz-Gesetze bestimmt, die CDU in Schleswig-Holstein hatte niemals zuvor ein so gutes Ergebnis auf lokaler Ebene. "Wir sind nicht zufrieden, aber wir sind wieder stärkste Kraft geworden", kommentierte Carstensen. Während Stegner betonte, die Kommunalwahl sei nicht mehr als eben das, sagte Carstensen, natürlich sei das Ergebnis ein Stimmungsbild für die 2010 anstehende Landtagswahl.

Stegner verkündete, die SPD könne in fast allen Kreisen wieder mitregieren. Die Linken würden schnell "entzaubert" werden: "Sie stellen die richtigen Fragen, haben aber keine Antworten." Die SPD liege mit Themen wie Bildungsgerechtigkeit, Mindestlohn und alternativer Energie richtig. Das Linke-Ergebnis bestätigt den SPD-Vorsitzenden in seinem Kurs, ein rot-rotes oder rot-rot-grünes Bündnis auf Landesebene nicht auszuschließen. Denn nach jetzigem Stand käme die SPD kaum von der CDU los, wenn sie sich nicht der Linken öffnet.

Dass seine GenossInnen schnell "entzaubert" würden, glaubt Lorenz Gösta Beutin, Landessprecher der Linken, nicht: Es gebe lokalpolitisch Erfahrene, die die Neulinge "coachen" könnten. Grüne und FDP sind hochzufrieden. "Die SPD geht in der großen Koalition kaputt. Die CDU bekommt im urbanen Milieu kein Bein auf den Boden", sagte der Grünen-Chef Robert Habeck. ESTHER GEISSLINGER

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