Nach Amoklauf in Winnenden: Merkel für Überraschungsbesuche

Bundeskanzlerin Angela Merkel will Waffenbesitzer unangemeldet kontrollieren lassen. Grünen-Politiker Grünen fordern eine Verschärfung des Waffenrechts.

Mehr als Symbolpolitik? Bundeskanzlerin will Waffenbesitzer unangekündigt kontrollieren. Bild: dpa

Mit Blick auf den Amoklauf von Winnenden hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag eine stärkere Kontrolle der Aufbewahrung von Waffen und Munition gefordert. "Wir müssen alles tun, um zu schauen, dass Kinder nicht an Waffen kommen", sagte sie im Deutschlandfunk. Dafür seien auch unangemeldete Kontrollen denkbar.

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Fritz Kuhn, sagte der Rhein-Neckar-Zeitung, Waffen sollten zentral im Schützenvereinsheim deponiert werden. "Tatsache ist nun einmal, dass Kinder, deren Vater eine Waffe hat, einfach zu leichten Zugang haben." Auch der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, verlangte ein schärferes Waffenrecht: "Hier darf die Politik nicht länger vor der Waffenlobby einknicken."

Der 17-jährige Tim K. hatte am Mittwochmorgen an seiner früheren Schule, der Albertville-Realschule, zwölf Schüler und Lehrer erschossen. Auf der Flucht tötete er drei weitere Menschen und schließlich sich selbst. Als Tatwaffe benutzte er eine großkalibrige Beretta seines Vaters. Dieser hatte die Pistole nicht im Tresor, sondern im Schlafzimmer aufbewahrt. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. Entscheidend ist dabei, ob Tim K. in psychotherapeutischer Behandlung war. Wäre bei ihm eine "Amokneigung" ersichtlich gewesen, könnte sich der Vater der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht haben. Polizei und Staatsanwaltschaft hatten erklärt, der 17-Jährige sei wegen Depressionen behandelt worden. Gestützt wurde die Annahme durch den ärztlichen Direktor des Klinikums am Weissenhof. Dieser hatte angegeben, Tim K. sei 2008 zu fünf ambulanten Terminen in der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie gewesen. Der Anwalt der Eltern betonte jedoch am Wochenende: "Es gab keine psychotherapeutische Behandlung des Jungen." Ambulante Behandlungen seien keine Psychotherapie. Die Familie behalte sich wegen der Behauptungen presse- und strafrechtliche Schritte vor.

Auch einige Tage nach dem Amoklauf ist das Motiv des Täters noch unklar. Polizei und Staatsanwaltschaft setzten am Wochenende ihre Ermittlungen fort. Eine Vernehmung des Vaters musste wegen psychischer Überlastung abgebrochen werden. Auf dem Computer von Tim K. fanden die Ermittler eine große Zahl von Pornobildern, darunter solche mit gefesselten Frauen. Zudem waren die Schießspiele Counterstrike und TacticalOps auf dem Rechner installiert. Keine gesicherten Hinweise gab es darauf, dass Tim K. das Killerspiel Far Cry 2 am Abend vor der Tat gespielt hat, wie es der Spiegel berichtete. Die Ermittler gehen dem Hinweis des Magazins auf das Pseudonym "JawsPredator1" nach. Tim K. soll unter anderem mit diesem Namen im Internet aktiv gewesen sein und sich schon vor Monaten mit Massakern an Schulen auseinandergesetzt haben. Bundeskanzlerin Merkel sagte im Deutschlandfunk, der Zugang zu Gewaltvideos müsse geprüft werden. Auch eine Sperrung von Websites schloss sie nicht aus.

In Winnenden wurde am Samstag das erste Opfer des Amoklaufs beerdigt. Hunderte Menschen trauerten vor der Albertville-Realschule, wo das Massaker begann. Unterricht wird in dieser Woche noch nicht stattfinden.

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