Verkündung düsterer Wirtschaftsprognose: Merkel schickt ihre Minister vor

Die Regierung verabschiedet sich von ihrem Optimismus: Sie erwartet einen Einbruch der Wirtschaft von fünf Prozent. Verkünden mussten dies der Finanz- und der Wirtschaftsminister.

Zuständig für schlechte Nachrichten: Finanzminister Steinbrück und Wirtschaftsminister Guttenberg. Bild: dpa

Für schlechte Nachrichten sind die Chefs nicht zuständig. Weder Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch ihr Stellvertreter und Herausforderer Frank-Walter Steinmeier (SPD) mochten am Mittwoch vor die Fernsehkameras treten, um die schlechten Konjunkturprognosen zu kommentieren - oder auch die bescheidenen Ergebnisse jenes Spitzentreffens zur Wirtschaftslage, zu dem Merkel 31 ausschließlich männliche Teilnehmer ins Kanzleramt geladen hatte.

Die Bühne betrat stattdessen ein Duo, das noch nicht oft gemeinsam aufgetreten ist. Durfte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) bis vor kurzem noch gemeinsam mit Merkel den Bankenretter geben, musste er nun gemeinsam mit dem neuen Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) die deutsche Öffentlichkeit darauf einstimmen, dass sich inzwischen auch die Bundesregierung von ihren allzu optimistischen Durchhalteparolen verabschiedet.

An diesem Donnerstag werden die Forschungsinstitute in ihrer Frühjahrsprognose einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 6 Prozent für das laufende Jahr und um 0,5 Prozent für 2010 voraussagen. Auch die Bundesregierung wird in ihrer Schätzung, die sie am kommenden Mittwoch veröffentlicht, einen Einbruch von mindestens 5 Prozent einräumen.

Den offiziellen Optimismus, den Angela Merkel noch am Montag bei der Eröffnung der Hannover-Messe verbreitet hatte, kassierten die beiden Minister mit betont finsterer Miene ein: "Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass wir in diesem Jahr schon die Talsohle sehen", sagte Guttenberg betont defensiv. Es sei auch nicht damit zu rechnen, dass es danach in Form einer V-Kurve gleich wieder aufwärts gehe. Steinbrück ergänzte, eine Fünf vor dem Komma sei bei der amtlichen Minusprognose für 2009 "nicht unwahrscheinlich".

Hoffnung machte sich der Wirtschaftsminister allein mit der Aussicht, dass der Rückgang nicht alle Branchen und Regionen gleichermaßen schwer treffen werde. "Einer der Schlüsselbegriffe des heutigen Tages war Differenzierung", sagte er. Man dürfe "nicht allem nur mit Defätismus begegnen". Als Erkenntnis nehme er mit: "Die Prognosesicherheit ist mit Sicherheit nicht gestiegen."

Am deutlichsten unterschied sich die Einschätzung der Gewerkschaftsvertreter, die vor dem Hintergrund der schlechten Prognosen ein drittes Konjunkturprogramm forderten. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Michael Sommer, hatte im Vorfeld sogar erklärt, für den Fall von Massenentlassungen schließe er soziale Unruhen in Deutschland nicht aus.

Steinbrück und Guttenberg mochten über ein neues Konjunkturpaket allerdings noch nicht reden. Die überwältigende Mehrheit der Diskussionsteilnehmer sei der der Meinung gewesen, dass ein solches Paket "zum jetzigen Zeitpunkt" das vollkommen falsche Signal wäre, sagte Guttenberg. Steinbrück wählte die Formulierung, "dass bereits ein Gerede von dritten Konjunkturpaket jeder Grundlage entbehrt".

Einer ähnlichen Wortwahl hatten sich Union und SPD bereits nach dem ersten Konjunkturgipfel im Kanzleramt Mitte Dezember bedient. Dabei war das damalige Treffen schon der erste Schritt auf dem Weg zu jenem Konjunkturpaket, des- sen Umrisse die Kanzlerin zwei Wochen später in ihrer Neujahrsansprache andeutete. Schon im Januar hat die Koalition die Kombination aus Abwrackprämie und Steuersenkungen dann endgültig beschlossen.

Vorerst will die Regierung nur über Nachbesserungen reden wie über die steuerliche Absetzbarkeit der Zinsen, die Unternehmen für ihre Kredite bezahlen, oder über eine weitere Verlängerung des Kurzarbeitergeldes.

Wenn das alles nicht reicht und der Wahltermin näher rückt, könnte dann wieder die Stunde der Spitzenkandidaten schlagen. SPD-Kandidat Steinmeier und noch viel weniger Kanzlerin Merkel wird der Versuchung widerstehen können, freudige Botschaften zu verkünden - sei es die Rettung von Unternehmen wie Opel, seien es neue Programme zur Abschwächung der Rezession.

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