SPD-Basis soll entscheiden: Naumann quält Beck mit der K-Frage

Michael Naumann vergleicht den SPD-Vorsitzenden Kurt Beck mit Rudolf Scharping - und schlägt vor, alle Parteimitglieder entscheiden zu lassen, wer 2009 Kanzlerkandidat wird.

Nicht alle SPD'ler stehen hinter dem Parteivorsitzenden Kurt Beck. Bild: ap

BERLIN taz In der SPD hat der Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Michael Naumann eine Debatte um die Urwahl des Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl 2009 ausgelöst. In einer wütenden Abrechnung mit dem Kurs des Parteichefs Kurt Beck, den Naumann allerdings nicht namentlich erwähnt, schreibt der frühere Herausgeber in der Zeitung Zeit: "Und wenn sich der Parteivorsitzende seiner Kanzlerkandidatur nicht sicher ist, kann er auf das Mittel zurückgreifen, das einem seiner Vorgänger, Rudolf Scharping, in der Stunde politischer Not zur Verfügung stand: Er kann sich in einer Mitgliederumfrage zur Wahl stellen."

Bereits unmittelbar nach der Hamburg-Wahl hatte Naumann die Äußerungen Becks über eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei in Hessen für seine Wahlniederlage verantwortlich gemacht.

Der Vorschlag stieß in der Partei auf ein verhaltenes Echo. "In Baden-Württemberg haben wir 2001 damit gute Erfahrungen gemacht", sagte die Landesvorsitzende Ute Vogt, die damals eine Urwahl gewann, der taz. Allerdings mache ein solcher Schritt nur Sinn, wenn es mehrere Kandidaten gebe. Im Bund stehe das Thema "jetzt nicht auf der Tagesordnung". Der Sprecher der "Netzwerker" in der SPD-Bundestagsfraktion, Christian Lange, nannte die Debatte überflüssig. "Wir müssen erst die Inhalte klären, bevor wir über das Personal sprechen", sagte Lange der taz.

Schleswig-Holsteins SPD-Chef Ralf Stegner sagte der Nachrichtenagentur AP, es liefe eine "irreale Debatte" ab, die Beck schaden solle. Der Vorschlag zur Kandidatenfrage, den der Parteichef selbst machen wolle, werde in der SPD "auf breite Zustimmung stoßen". Nach den jüngsten Turbulenzen ist vor allem Außenminister Frank-Walter Steinmeier als Alternative im Gespräch.

Auf Bundesebene hat die SPD bislang nur ein einziges Mal auf das Mittel der Mitgliederbefragung zurückgegriffen. Nach dem Rücktritt des Parteivorsitzenden Björn Engholm bewarben sich 1993 Heidemarie Wieczorek-Zeul, Gerhard Schröder und Rudolf Scharping um die Nachfolge. Scharping machte das Rennen und wurde 1994 auch Kanzlerkandidat. Allerdings verlor die SPD die Wahl, was den Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Thierse am Mittwoch zu der Bemerkung veranlasste: "Der Kandidat, den die Partei will, muss nicht unbedingt der sein, den die Deutschen als Bundeskanzler wollen." Er warne deshalb vor der Idee, dass mit einer Urwahl "alle Probleme der SPD gelöst wären", sagte Thierse der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Auf Landesebene schlug in Berlin 1995 die damalige Sozialsenatorin Ingrid Stahmer den Exbürgermeister Walter Momper und erzielte bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus das bis dahin schlechteste Ergebnis von 23,6 Prozent. Zuletzt gewann der Thüringer SPD-Vorsitzende Christoph Matschie eine Urwahl um die Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl 2009.

Die griechischen Sozialisten erlaubten dagegen im vorigen November nach dem Vorbild der US-Vorwahlen auch Sympathisanten die Teilnahme an einer Urwahl. Bei der Abstimmung, an der sich 140.000 Menschen beteiligten, gewann Parteichef Georgios Papandreou trotz seiner Niederlage bei der zurückliegenden Parlamentswahl.

Mitarbeit: L. Gaede, G. Löwisch

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