Versöhnungskurs gegenüber Linke: Platzecks SS-Äußerung sorgt für Zwist

Das Plädoyer von Brandenburgs Ministerpräsident Platzeck für eine Versöhnung mit SED-Nachfolgern hat zu Protest der Opposition geführt - insbesondere sein Verweis auf Waffen-SS-Mitglieder.

"Eine komplette Fehlleistung": Ministerpräsident Matthias Platzeck. Bild: dpa

POTSDAM dpa | Mit scharfer Kritik haben CDU und FDP auf den Aufruf von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) zur Versöhnung mit den SED-Erben reagiert. "Platzecks Versuch, seine angestrebte Koalition mit der Linkspartei durch Nazi-Vergleiche zu rechtfertigen, ist töricht. Seine Thesen zur Integration von Nazis in Westdeutschland werden allenfalls Jubel bei Extremisten auslösen", heißt es in einer Mitteilung des Vize-Landesvorsitzenden der CDU, Sven Petke, am Montag. FDP-Chef Heinz Lanfermann betonte: "Platzecks SS-Vergleich ist eine komplette Fehlleistung." Die SPD reagierte empört und bezeichnete Petkes Kritik als mehr als töricht.

"Platzeck hat keinen Nazi-Vergleich, sondern einen Aufarbeitungsvergleich gezogen", sagte SPD-Generalsekretär Klaus Ness. Platzeck hatte in einem Beitrag für das Nachrichtenmagazin Spiegel eine Versöhnung mit den Erben der SED gefordert. Er lobte in diesem Zusammenhang die versöhnliche Gesten des früheren SPD-Vorsitzenden Kurt Schumacher gegenüber der Waffen-SS als Beispiel für gelungene Integration. Schumacher, der fast zehn Jahre lang KZ-Häftling war, habe 1951 einen versöhnlichen Umgang mit den überlebenden Mitgliedern der Waffen-SS als "menschliche und staatsbürgerliche Notwendigkeit" bezeichnet.

Kritische Worten zu diesen Äußerungen kamen auch aus den eigenen Reihen. So bemerkte Brandenburgs bisherige Sozialministerin Dagmar Ziegler zu Platzecks historischem Verweis auf Schumacher und die Waffen-SS: "Ich halte diesen Vergleich für unzulässig." Die Situation in Deutschland nach dem Krieg sei völlig anders als im Ostdeutschland nach der Einigung, sagte Ziegler dem Tagesspiegel.

Ness betonte, nach 1945 habe die Demokratie nur funktionieren können, weil es in Westdeutschland auch Integrationsangebote an ehemalige Anhänger der NS-Diktatur gab. Dagegen fehlte es nach seinen Worten in den vergangenen 20 Jahren in Ostdeutschland an Integrationsangeboten. Speziell die CDU in Brandenburg habe keinen Beitrag zur Integration geleistet und einen Gutteil der Bevölkerung ausgegrenzt.

FDP-Landesvorsitzender Lanfermann erklärte in einer Mitteilung dagegen: "Wer meint, es gebe einen Nachholungsbedarf an Integration von Personen mit besonderer Systemnähe zum DDR-Regime, verschließt die Augen vor der Wirklichkeit in Brandenburg." Von dem betreffenden Personenkreis werde niemand ausgegrenzt. "Viele von ihnen nehmen hervorgehobene Positionen in Politik und Wirtschaft ein." Lanfermann bezeichnete es zudem als geschmacklos, wenn sich Platzeck auf Kurt Schumacher berufe.

Niemand in der SPD, am allerwenigsten wohl Kurt Schumacher, habe in der Bundesrepublik in den 50-er Jahren die These vertreten, zur "Versöhnung" mit "ehemaligen NS-Tätern, Belasteten und Mitläufern" sei es notwendig, diese in Regierungsverantwortung zu bringen, so Lanfermann. "Es ist eine grobe Verzerrung der Diskussion in der Bundesrepublik, wenn Platzeck nun Geschichtsklitterung betreibt, um sein rot-rotes Experiment zu rechtfertigen."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.