Nach Verbot von Aufmärschen: Privatanbetung für Rudolf Heß

Weil das Bundesverwaltungsgericht die Verbote von Rudolf-Heß-Aufmärschen gebilligt hat, wollen Rechtsextreme den Nazi in Privatveranstaltungen verehren.

NPD-Anhänger in Nürnberg Bild: dpa

HAMBURG taz Eine Ehrung des Adolf-Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß will sich die neonazistische Szene nicht nehmen lassen. Alle "juristischen Möglichkeiten" würden genutzt, um im fränkischen Wunsiedel einen Aufmarsch durchzusetzen, sagt Neonazianwalt Jürgen Rieger. In der Kleinstadt liegt der 1987 verstorbene Heß in einem Familiengrab. Als "Verein" plant Rieger eine "nicht öffentliche Veranstaltung". Hinter verschlossenen Türen glaubt der NPD-Bundesvize Rieger den NS-Kriegsverbrecher würdigen zu dürften.

Diese Idee wird Rieger, der auch NPD-Chef in Hamburg ist, schon vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gekommen sein. Ende Juni hatte das Leipziger Gericht in einer Grundsatzentscheidung gebilligt, dass Heß-Gedenkmärsche verboten werden dürfen (taz berichtete). Bereits das bayerische Verwaltungsgericht hatte erklärt, wer Heß wegen seines Fluges nach England als "Friedensflieger" bezeichne, billige indirekt die NS-Untaten. Und wer Heß wegen seiner Haft in Berlin-Spandau als "Märtyrer" nenne, verletze die eigentlichen Opfer in ihrer Würde.

Wenn die schriftliche Begründung des Bundesverwaltungsgerichts vorliegt, will Rieger im Eilverfahren vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Scheitert er, wie in den vergangenen Jahren, will er Heß privat feiern. Denn bei solch einer Privatveranstaltung, argumentiert Rieger, können weder durch den Inhalt noch durch Reden "der öffentliche Friede gestört werden".

Nichtöffentliche Veranstaltung ist gleich Privatveranstaltung, das bestätigt im Grundsatz auch der Direktor des Amtsgerichts Wunsiedel, Reiner Chwoyka: "Eine Anmeldung ist nicht nötigt und somit haben wir gar keine Entscheidungsbefugnis", erklärt er. Dennoch sollte in diesem Fall eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung überprüft werden.

Tür zu, Öffentlichkeit raus, NS-Verbrecher huldigen - so einfach, wie Rieger denkt, sei es nicht, sagt Felix Herzog, Professor für Strafrecht an der Universität Bremen. Denn Paragraf 86 des Strafgesetzbuches - Verbreitung von Propagandamitteln verfassungsfeindlicher Organisationen - könne nicht einfach missachtet werden. "Er gilt auch bei geschlossenen Veranstaltungen", hebt er hervor. Und Herzog fragt, inwieweit hier überhaupt von einer nichtöffentlichen Zusammenkunft ausgegangen werden muss?

Bundesweit wird auch zu dem Event um den 16. August mobilisiert. Keine 30 Kilometer von Wunsiedel wollen die Neonazis schon eine Gastwirtschaft mit mehreren Hektar Freigelände gefunden haben. Rieger spricht gar von einem Kauf. Sollte die Abmachung bis zum Aufmarschtermin nicht abgewickelt sein, gäbe es dennoch kein Problem für die Rechtsextremen. Der Eigentümer würde sich von den Behörden nicht unter Druck setzen und die Rieger-Truppe feiern lassen. Schon 2007 befürchtete die Region, dass Rieger in der Nähe von Wunsiedel einen Gaststättenkomplex erwerben könnte.

Um bei der Veranstaltung unter sich zu sein, will Rieger extra überprüfen lassen, ob die Besucher "dem Anliegen der Veranstaltung gerecht werden". Die zugelassenen Gäste würden dann "in einem Rudolf-Heß-Gedenkverein aufgenommen". Jahresbeitrag: 2 Euro.

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