Nazi-Aufmarsch in Anklam ohne Gegner: "Purer Hohn"

Im vorpommerschen Anklam wird die NPD am Samstag aufmarschieren. Ohne Gegner. Denn deren Protest wurde erst verboten und am Donnerstag wieder erlaubt.

Anklam hat ein Image-Problem. Und zwar ein extrem rechtes. Bild: imago

HAMBURG taz | Am Samstag werden in der Hansestadt Anklam im Osten Mecklenburg-Vorpommerns NPD und Konsorten aufmarschieren. Und zwar völlig unbehelligt von Gegendemonstranten. Nur Plakate mit der Aufschrift "Kein Ort für Neonazis in Anklam" werden der einzig sichtbare Protest auf der Strecke sein. "Eine Gegenveranstaltung findet nicht statt", sagt Petra Seyer, Sprecherin eines Aktionsbündnisses gegen den Aufmarsch. "Der Landkreis hat Umständen geschaffen, die eine Demonstration unmöglich machen" erklärt sie der taz.

Mit Verboten hatte der Landkreis Ostvorpommern versucht, sowohl den Marsch als auch die Gegendemonstration abzuwenden. "Die Gefahrenprognosen und die Erfahrungen aus der Vergangenheit legten die Entscheidungen gegen beide Veranstaltungen nahe", sagt Christoph Krohn, Sprecher des Landkreises. Schon zuvor hatte der Landkreis ein "nationales Kinderfest" des NPD-­Kreisverbandes für diesen Samstag untersagt.

In Mecklenburg-Vorpommern versucht die NPD gern mit solchen Festen als eine ganz normale Partei zu erscheinen, die sich um die "einfachen Leute" kümmert. Nicht ohne Wirkung: Eine Studie der Universität Bielefeld offenbarte, dass in Anklam 34,6 Prozent der Einwohner die NPD für eine "ganz normale Partei" halten.

Das Verbot des Kinderfestes nahm die NPD noch hin, gegen das Marschverbot zog allerdings der NPD-Landtagsabgeordnete und ­Kreistagsfraktionsvorsitzende, Michael Andrejewski, der auch Stadtratsfraktionschef in Anklam ist, vor das Verwaltungsgericht Greifswald. Mit Erfolg: Unter dem Motto "Gegen kinderfeindliche Bonzen - für eine lebenswerte Zukunft in unserer Heimat - ­ Freiheit statt BRD" werden nun knapp 200 Neonazis erwartet.

Die Verbotsverfügung für die NPD-Gegner kam für das Aktionsbündnis unerwartet. In der Begründung wurden "Sitzblockaden als 'Gewalttätigkeit'" bezeichnet, so Seyer. Da sei "purer Hohn", denn Sitzblockaden würden unter dem Schutz des Grundgesetzes stehen. Und von Sitzblockaden sei auch nie die Rede gewesen, erklärt sie. Die zweite Überraschung dann am Donnerstag: Der Landkreis hob plötzlich das Demonstrationsverbot für sie auf. "Die Gefahrenprognose bewerten wir nun anders", erklärt Krohn der taz.

Mobilisiert für eine Gegendemonstration wird dennoch nicht. "Die Zustände mit denen das Bündnis durch die Behörden konfrontiert wurde", so Seyer, ermöglichen es nicht, mit der "gebotenen Sorgfalt" und nötigen "rechtlichen Klarheit" eine Aktion gegen die NPD vorzubereiten. Heiko Pult vom Regionalzentrum für demokratische Kultur in Anklam bedauert die Ereignisse: "Das war eine sehr unglückliche Entwicklung. Alle Beteiligten aus dem Bündnis und der Behörde hätten schneller ins Gespräch kommen müssen".

Auf der rechten Webseite "Mupinfo", das der NPD-Wahlkreismitarbeiter David Petereit betreibt, wird sich schon amüsiert. Die linken Gruppen seien "eingeschnappt" und hätten Angst vor einer "peinlich" geringen Zahl an Gegendemonstranten.

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