Hamburger Ex-Senator assistierte bei Suizid: Roger Kusch zurück vom Totenbett

Der Hamburger Ex-Senator hat öffentlich bekannt, bei einem Suizid assistiert zu haben - und Ausschnitte von Gesprächen gezeigt, die er mit der Betroffenen geführt hat.

"Unter dem Eindruck des Geschehens, zu dem ich ja selber beigetragen habe": Roger Kusch Bild: dpa

HAMBURG taz Sein Gesichtsausdruck war ernst, sehr ernst. Schließlich hatte Roger Kusch, der ehemalige Hamburger Justizsenator und jetzige Vorsitzende des Vereins "Dr. Roger Kusch Sterbehilfe e. V.", dem Tod ins Auge gesehen. Er sei noch immer "unter dem Eindruck des Geschehens, zu dem ich ja selber beigetragen habe", sagte Kusch mehrmals. Noch nie habe er solch großen Respekt empfunden wie bei der alten Dame, die am Samstag in seinem Beisein "freiwillig aus dem Leben geschieden" sei.

Es war, darauf legt der Jurist Kusch Wert, keine Beihilfe zum Selbstmord, sondern "assistierter Suizid". Kusch hat, nachdem die Dame den tödlichen Becher geleert hatte, die Wohnung verlassen und ist erst nach Eintritt des Todes wiedergekommen. Dass die "Ermittlungsbehörden, die für Würzburg zuständig sind", sich bei ihm melden, möchte er nicht ausschließen. Nicht zuletzt deshalb hatte Kusch im Sterbezimmer eine Videokamera aufgebaut.

Das Foto der alten Dame, die sich mit Kuschs Hilfe umgebracht hatte, war bereits am Montag in der Hamburger Presse zu besichtigen gewesen. Ihren Namen teilte Kusch allerdings erst auf seiner Pressekonferenz mit, ebenso wie den Ort des Geschehens: Würzburg. Nach reiflicher Überlegung verzichte er darauf, die Sterbeszene vorzuführen, sagte Kusch und zeigte stattdessen Ausschnitte von Gesprächen, die er mit der Frau, einer ehemaligen Röntgenassistentin, geführt hatte. Sie leide nicht im herkömmlichen Sinne, erklärte die Dame, aber ihr Leben sei zu eingeschränkt und sie habe Angst, in ein Pflegeheim zu kommen.

Die Argumente der Dame seien ihm "plausibel" erschienen, sagte Kusch, darum habe er mitgemacht. Freilich wäre seine Präsenz nicht unbedingt nötig gewesen. Die ehemalige Röntgenassistentin hatte sich die Medikamente selbst besorgt, und sie war im Besitz einer Broschüre, in der die genaue Dosierung stand. Selbst schlucken konnte sie, und auch das Anrühren wäre ihr wohl möglich gewesen.

Die von Kusch eigens entwickelte "Selbsttötungmaschine", die er bereits medienwirksam in einem Hamburger Altersheim präsentiert hatte, war nicht zum Einsatz gekommen. Das Risiko, dass die Kanülen falsch gelegt hätten werden können, sei ihm zu groß erschienen, sagte Kusch. Er legt Wert darauf, bei dem Suzid als Privatmann assistiert zu haben, nicht etwa als Vorsitzender des Vereins "Dr. Roger Kusch Sterbehilfe e. V.". Der Verein biete keine Sterbehilfe an, sagte Kusch. Er kläre nur über die Schwierigkeiten auf, in Deutschland Sterbehilfe zu leisten.

Die letzten Monate waren für Roger Kusch keine guten. Seine Partei Heimat Hamburg, die er nach der Entlassung durch Bürgermeister Ole von Beust gegründet hatte, war bei den Bürgerschaftswahl nicht einmal in die Nähe der ehemals von Schill erreichten Werte gekommen. Sein ehemaliges Justizressort ist in grüne Hände gefallen, die Verschärfung des Strafvollzugs und andere Dinge, die er bewirkt hat, werden wieder kassiert oder sind bereits kassiert worden.

Mit seiner Beihilfe hat es Kusch zurück in die Schlagzeilen geschafft. Seit Montag prüft die Hamburger Staatsanwaltschaft die Einleitung von Ermittlungen.

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