Haushaltsloch nach Bankenrettung: Rüttgers lässt Obdachlose frieren

NRW-Landeschef Jürgen Rüttgers (CDU) will bei der Obdachlosenhilfe sparen. Dabei ist er Schirmherr einer Hilfsorganisation. Das kratzt an seinem Image als sozialer Landesvater.

Rüttgers unsozial: Banken retten und Obachlosen helfen geht wohl nicht zusammen. Bild: dpa

DÜSSELDORF taz Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers vernachlässigt seine Pflichten als Schirmherr der Obdachlosen-Hilfsorganisation "Gemeinsam gegen die Kälte". Der Christdemokrat, der allein zur Unterstützung des Konjunkturpakets II der Bundesregierung einen Nachtragshaushalt von 700 Millionen Euro locker macht, will einen Teil des Geldes ausgerechnet bei der Hilfe für Wohnungslose wieder einsparen. Im Haushalt des größten Bundeslands, den der Düsseldorfer Landtag ab heute berät, fehlen 1,12 Millionen Euro für das Projekt "Wohnungslosigkeit vermeiden - dauerhaftes Wohnen sichern". Die Initiative steht damit vor dem Aus.

Dabei bemüht sich CDU-Bundesvize Rüttgers seit Jahren um ein soziales Image. Als Chef der Landesregierung kämpfte er für die Verlängerung des Arbeitslosengelds I genauso wie um höhere Renten für Geringverdiener. Selbst bei einem Brasilien-Besuch trieb es den Christdemokraten in einen Slum der Millionenmetropole São Paulo: Rüttgers traf sich mit Franziskanern, die dort ein Heim für Obdachlose unterstützen. Nicht kalt und neoliberal wie sein Koalitionspartner FDP will der Ministerpräsident erscheinen, sondern auch für verunsicherte Sozialdemokraten wählbar sein. Er werde sich um die "ehemaligen Johannes-Rau-Wähler kümmern", versprach Rüttgers auf dem CDU-Landesparteitag im Sommer.

In die Fußstapfen des 2006 gestorbenen Bundespräsidenten Rau tritt Rüttgers auch bei der Obdachlosenhilfsorganisation "Gemeinsam gegen die Kälte". Wie sein Vorgänger als NRW-Regierungschef übernahm er die Schirmherrschaft. Dessen Gründer, der Cellist Thomas Beckmann, hat mit Benefizkonzerten in den vergangenen neun Jahren mehr als neun Millionen Euro für Wohnungslose eingespielt. Auf seinen Schirmherrn aber ist Beckmann nicht mehr gut zu sprechen: "Es ist mit unserem christlichen Menschenbild nicht vereinbar, den Armen die schon allzu begrenzten Mittel für die Überwindung von Obdachlosigkeit und Elend zu streichen, während gleichzeitig Milliardenbeträge zur Sicherung von Banken und Wirtschaft bereitgestellt werden", schreibt Beckmann in einer Stellungnahme an den Sozialausschuss des Landtags. SPD, Grüne und Linke protestieren dort gleichfalls gegen Rüttgers "Streichkonzert". Unterschrieben haben auch der Verein "Asphalt", der die Obdachlosenzeitschrift fiftyfifty herausgibt - und Pater Peter Amendt von der "franziskanischen Initiative gegen Armut und Not".

Cellist Beckmann hat seinen Schirmherrn schon im Oktober um ein Gespräch gebeten: "Bis heute hat er nicht geantwortet", klagt Beckmann - und mahnt den Christdemokraten: "Gerade die CDU als christliche Partei muss doch die sozialste Partei sein." ANDREAS WYPUTTA

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