NRW-Verkehrsminister in Bedrängnis: "Ruinen-Olli" rast in Radarfalle

Der NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke wurde im November 2008 innerorts mit 109 km/h geblitzt. Die Öffentlichkeit erfuhr nichts davon - bis die lokale Westfalenpost es aufdeckte.

Oliver Wittke am Lkw-Steuer: Mit ihm wären 109 km/h schwer zu schaffen. Bild: dpa

Oliver Wittke ist die Sache mit der Radarfalle ziemlich peinlich: Schon im November hat die Polizei Nordrhein-Westfalens CDU-Verkehrsminister im sauerländischen Meschede geblitzt. Kurz vor dem Ortausgangsschild war Wittke, der unter den Christdemokraten lange als Überflieger galt, statt der erlaubten 50 schon 109 Stundenkilometer schnell.

Von seinem Zusammenstoß mit der Staatsgewalt erzählt Wittke aber erst jetzt, nachdem die lokale Westfalenpost (Motto: "Stimme der Heimat, Echo der Welt") über Wittkes Raserei berichtet hat. Im Düsseldorfer Landtag gab sich der Minister demütig: Er habe für seinen Fehler gebüßt, sei schon sieben Wochen ohne Führerschein. Erst kommende Woche bekomme der den Lappen wieder, außerdem seien 175 Euro Bußgeld und vier Punkte in der Flensburger Verkehrssünderkartei fällig gewesen. Doch Wittke wäre nicht er selbst, hätte er nicht auch eine Erklärung für seine Raserei: An "einer schweinischen Stelle" habe ihn die Polizei erwischt. "Von hinten" sei er geblitzt worden. "Links ein Haus, rechts Ackerbau und Viehzucht" - da habe er sich eben außerorts gewähnt, klagt der Diplom-Geograph. In Zukunft wolle er sich aber "regelkonform" verhalten.

Doch das dürfte dem 42-Jährigen schwer fallen. Wittkes Karriere ist eine Geschichte von Erfolgen - und merkwürdigen Aussetzern. Schon mit 22 saß er im heimischen Gelsenkirchen im Rat, mit 28 wurde er Landtagsabgeordneter. Mit 33 gelang ihm der Coup: Der Vater von zwei Söhnen eroberte 1999 das Rathaus von Gelsenkirchen. Dort, wo die Sozialdemokraten 53 Jahre lang regiert hatten, traf er als Oberbürgermeister auf 2.500 Mitarbeiter mit SPD-Parteibuch - und ganze 14 Christdemokraten.

Doch Wittke scheiterte: Das denkmalgeschützte, im Bauhausstil errichtete städtische Hans-Sachs-Haus wollte er zur Sanierung an einen privaten Investor verkaufen und dann zurückmieten. Doch die Sanierung misslang. Jahrelang stand der entkernte Bau wie ein Mahnmal herum. In Gelsenkirchen hieß Wittke plötzlich nur noch "Ruinen-Olli", wiedergewählt wurde er 2004 nicht.

Erst der Sieg von Jürgen Rüttgers bei der Landtagswahl 2005 rettete das noch immer junge Talent: Der frisch gewählte Ministerpräsident machte seinen Stellvertreter im CDU-Landesvorsitz zum Minister für Bauen und Verkehr. Doch auch in Düsseldorf machte der persönlich sympathisch wirkende Wittke Negativ-Schlagzeilen. "Ich kann auch mit Doofen" antwortete er der Zeit auf die Frage, warum er so beliebt sei. Und im Mai 2006 fiel im Landtag auf, dass sich der Minister nicht für eine Debatte zum Thema Hartz IV interessierte: Auf der Regierungsbank klebte er Panini-Fußballbildchen in ein Sammelheft.

Wittke habe seine "Blitzkarriere" hinter sich, höhnen jetzt die oppositionellen Grünen und zitieren genüsslich aus den Broschüren seines Verkehrsministeriums. "Fahren Sie vorsichtiger und rücksichtsvoller. Gehen Sie auch einmal zu Fuß", heißt es dort.

Wenig Chancen haben dagegen die Rücktrittsforderungen des SPD-Verkehrsexperten Bodo Wißen, der den Gelsenkirchener für einen "testosteron-gesteuerten Minister auf Geisterfahrt" hält. Schließlich bedeuten selbst schwerste Unfälle für Politiker der Union keinen Karriereknick. So verursachte CSU-Generalsekretär Otto Wiesheu schon 1983 mit 1,75 Promille einen Unfall, bei dem ein Mann starb -- und wurde danach bayerischer Verkehrsminister.

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