Westerwelles Hartz-IV-Schelte: Spätrömische Dekadenz made by CSU

FDP-Chef Westerwelle beschuldigt die CSU, der Auslöser für die Hartz-IV-Schelte gewesen zu sein. Das CSU-Engagement habe seine Pläne für Steuersenkungen gefährdet.

Fraktionsvorsitzende noch auf einer Wellenlänge: Westerwelle (FDP, l.) und Kauder (CDU, r.) im Oktober 2009. Bild: dpa

BERLIN taz | Viele hatten es vermutet, jetzt hat er es indirekt selbst eingeräumt: Den Anlass für den mittlerweile legendären Zeitungsaufsatz, in dem FDP-Chef Guido Westerwelle "spätrömische Dekadenz" beklagte, lieferte der Koalitionspartner CSU. "Ich habe keinen einzigen Hartz-IV-Bezieher kritisiert, ich habe auch das Bundesverfassungsgericht nicht kritisiert", sagte Westerwelle am Freitag. Vielmehr habe er den Beitrag geschrieben, weil nach dem Urteil "von den Oppositionsfraktionen eine Debatte begonnen wurde, die Steuersenkung habe sich erledigt".

Zu den Oppositionsfraktionen zählt Westerwelle offenbar auch die Bundestagsabgeordneten der CSU. Deren Chef Hans-Peter Friedrich hatte nach dem Karlsruher Urteil erklärt, der Richterspruch reduziere "den Handlungsspielraum für andere Aktionen, insbesondere für die Senkung von Einnahmen".

Mehr als eine Stunde lang äußerte sich Westerwelle vor der Presse in Berlin "Zur deutschen Afghanistan-Politik und anderen aktuellen Fragen", wobei unter "anderen aktuellen Fragen" die Hartz-VI-Diskussion zu verstehen war. "Die Debatte war notwendig", sagte der FDP-Vorsitzende. "Wenn ich nicht klare Worte gefunden hätte, dann hatte es diese Debatte nicht gegeben."

Der Frage, ob er von diesen Worten etwas zurückzunehmen habe, wich er aus. Stattdessen blaffte er einen Korrespondenten der linksliberalen Frankfurter Rundschau an: "Sie sind ja nicht meine Bezugsgruppe." Westerwelle verwahrte sich auch gegen Vorhaltungen, seine Argumentation sei rechtspopulistisch. "Das sagt viel aus über die Verschiebung von Diskussionsachsen in diesem Lande", sagte er. Es handele sich um einen "sehr verzweifelten Vorwurf".

Der FDP-Vorsitzende wies den Vorwurf von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zurück, er renne gegen ein Tabu an, das es überhaupt nicht gebe. "Wenn die Debatte so selbstverständlich war, warum ist sie dann vierzehn Tage geführt worden", fragte er. An der vertrauensvollen Zusammenarbeit in der Koalition änderten die Differenzen bei dem Thema aber nichts. "Man darf aus Meinungsunterschieden nicht immer gleich eine Verwerfung herauslesen", sagte Westerwelle.

Den Posten des Wehrbeauftragten, den die CDU lieber bei ihrem früheren Koalitionspartner SPD belassen möchte, reklamierte Westerwelle erneut für die FDP. "Ich habe keinen Zweifel, dass Verabredungen gehalten werden." Der CDU-Abgeordnete und Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz, hatte dafür plädiert, die Amtszeit des derzeitigen Wehrbeauftragten Reinhold Robbe (SPD) zu verlängern. Als mögliche FDP-Kandidatin ist die Verteidigungspolitikerin Elke Hoff im Gespräch.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.