Straftatbestand Suizidbeihilfe: Sterbehilfe soll verboten werden

Der Bundesrat stimmt über einen aussichtsreichen Antrag ab: Sterbehilfevereine wie Dignitate sollen künftig mit einer Strafvorschrift von der Beihilfe zum Suizid abgeschreckt werden.

Kommt der Paragraph durch, drohen für "gewerbliche und organisierte Suizidbeihilfe" bis zu drei Jahren Haft. Bild: ap

Kommerzielle und organisierte Hilfe zum Selbstmord soll künftig bestraft werden. Dies sieht ein Gesetzentwurf vor, der heute mit guten Chancen im Bundesrat abgestimmt wird. Die Initiative wendet sich gegen Vereine wie die Dr. Roger Kusch Sterbehilfe oder Dignitate, den deutschen Ableger der Schweizer Vereinigung Dignitas.

Selbstmord ist in Deutschland straflos, auch die Beihilfe dazu. Deshalb machte sich auch der Hamburger Exjustizsenator Roger Kusch nicht strafbar, als er vorige Woche einer 79-jährigen Frau aus Würzburg beim Selbstmord half. Dies hat inzwischen auch die Würzburger Staatsanwaltschaft festgestellt.

Einige Bundesländer unter der Führung von Bayern und Baden-Württemberg wollen dies nun ändern. Im Strafgesetzbuch soll ein neuer Paragraph 217 die "gewerbliche und organisierte Suizidbeihilfe" mit bis zu drei Jahren Haft bedrohen. Konkret wollen sie verbieten, "anderen die Gelegenheit zur Selbsttötung zu gewähren oder zu verschaffen". Es dürfen also weder geeignete Orte noch Tötungsmittel zur Verfügung gestellt werden. Auch die bloße Vermittlung - etwa in die Schweiz - soll strafbar sein.

Als gewerblich gilt eine Handlung, wenn sie auf Gewinne abzielt. Eine Profitabsicht dürfte jedoch bei Kusch und Dignitate kaum nachzuweisen sein. Auch die entsprechenden Schweizer Vereine gelten als nicht-gewerblich.

Relevant ist deshalb vor allem das Verbot "organisierter" Suizidbeihilfe. Hiervon sind alle Vereinigungen betroffen, die sich vor allem zu diesem Zweck zusammengeschlossen haben. Krankenhäuser und Hospize haben andere Zwecke und könnten nicht nach dieser Vorschrift bestraft werden, selbst wenn dort vereinzelt auch Beihilfe zum Selbstmord geleistet würde.

Erforderlich ist ein Zusammenschluss von mindestens zwei Personen, es genügt ein lockerer informeller Rahmen. Bei bereits bestehenden Organisationen soll nur "das Führungspersonal" bestraft werden, also nicht das einfache Dignitate-Mitglied.

Der Gesetzentwurf hat eine längere Vorgeschichte. Ursprünglich wurde er bereits 2006 von Thüringen, Hessen und dem Saarland im Bundesrat eingebracht. Damals hatte Dignitate gerade in Hannover ein Büro eröffnet. Dann blieb der Antrag aber lange liegen, vermutlich weil in der Bevölkerung die Liberalisierung von Sterbehilfe populärer ist als die Einführung neuer Straftatbestände.

Erst als letzten Herbst der von Dignitas arrangierte Selbstmord von zwei Deutschen auf Schweizer Parkplätzen für Empörung sorgte, unternahmen die Länder einen neuen Vorstoß, jetzt mit einem etwas präziseren Entwurf von Bayern und Baden-Württemberg. Die Mehrheit im Bundesrat ist noch nicht sicher, doch nachdem zuletzt auch der Hamburger Justizsenator Till Steffen (Grüne) der Verbotsfront beitrat, stehen die Chancen gut, dass der Gesetzentwurf beschlossen und eingebracht wird.

Im Bundestag sprach sich bisher aber nur die CDU/CSU für eine entsprechende Regelung aus. Die SPD als Regierungspartner ist noch skeptisch. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) versprach am Mittwoch, eine Verschärfung der Gesetze "zu prüfen". Sie sei "gegen jede Form der aktiven Sterbehilfe, in welchem Gewand sie auch immer daherkommt".

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