Geplante Koalition mit CDU: Thüringer SPD probt Aufstand

Auf einer Konferenz der Thüringer SPD dominierten die Gegner einer schwarz-roten Koalition. SPD-Landeschef Christoph Matschie ficht das nicht an.

"Bis an die Grenze der Selbstaufgabe verhandelt": SPD-Landeschef Christoph Matschie. Bild: dpa

An der Basis der Thüringer SPD rumort es heftig. Nach der Entscheidung des Landesvorstandes, statt eines Linksbündnisses eine Koalition mit der CDU in Thüringen anzustreben mündete der Unmut am Sonnabend in eine spontan einberufene "Basiskonferenz" in Erfurt. Vier Stunden lang flogen die Fetzen.

Etwa 600 Genossen drängten ins Erfurter ComCenter, so dass Saalwände entfernt werden mussten und die Veranstaltung zu einer halböffentlichen wurde. Der Konflikt mobilisierte damit fast ein Sechstel der Mitglieder, die die SPD in Thüringen hat. Ungefähr hundert Anhänger des Landesvorsitzenden Christoph Matschie versuchten sich lautstark in Szene zu setzen. Dass die Matschie-Gegner dominierten, konnten sie dennoch nicht verhindern. "Links blinken, rechts abbiegen", so der Erfurter Ortsvereinsvorsitzende Harald Klatt, werde von etwa drei Vierteln der Parteibasis nicht goutiert.

Viele Parteiarbeiter vor Ort haben nach eigener Aussage derzeit Mühe, Mitglieder von Austritten abzuhalten. Wahlkämpfer fühlen sich verraten und hielten Matschie Äußerungen über die CDU im Wahlkampf vor.

Eine Initiative aus Rudolstadt sammelte noch an Ort und Stelle mehr als 200 Unterschriften für einen Mitgliederentscheid, der Schwarz-Rot stoppen soll. 400 sind dafür nötig. Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein, mit dem Kreisverband Unstrut-Hainich Initiator des Basistreffens, wollte dennoch nicht von einer "Revolte" sprechen. Es ginge einzig um Klarheit, "wo diese Thüringer SPD hinwill", sagte er vor Beginn.

Bausewein knöpfte sich dann das Argument vor, man habe in den Sondierungsgsprächen mit Linken und Grünen kein Vertrauen aufbauen können. Rund zehn Jahre kenne sich das Personal, sagte Bausewein, und man habe vorab gewusst, dass der propagierte Wechsel nur mit der Linken möglich sei. Wenn die vierköpfige SPD-Sondierungsgruppe kein Vertrauen habe, müsse sie eben ausgewechselt werden, sagte ein anderer SPD-Redner. Inhaltliche Gründe für eine Ablehnung des Linksbündnisse gebe es nämlich nicht.

Matschie und der designierte Wirtschaftsminister Matthias Machnig hielten dem entgegen, dass Linksbündnisse allein noch nicht die Identitätskrise der SPD lösten. "Keine Koalitionen aus Prinzip", rief Machnig. Matschie schob alle Schuld am Scheitern der Sondierungen einmal mehr der Linken und Grünen zu. Für die Aussage, man habe "bis an die Grenze der Selbstaufgabe verhandelt", erntete er allerdings nur Hohngelächter.

Auch wenn die Basiskonferenz zunächst folgenlos bleibt, genossen es viele Mitglieder sichtlich ihrem Herzen Luft zu machen. Das war zwei Jahre nach dem Sieg des Matschie-Flügels über die Parteilinken unter Richard Dewes offenbar notwendig - seitdem sei über das Thema Linke nicht mehr diskutiert worden, sagten SPD-Mitglieder. "Gewinner dürfen Verlierer nicht demütigen", hatte der Jenaer Soziologieprofessor Klaus Dörre eingangs gemahnt.

Genau diese Integration der Unterlegenen ist im System Matschie aber offenbar versäumt worden. Dass der Theologe ungeachtet einer möglichen Niederlage beim in zwei Wochen anstehenden Parteitag an seiner konfrontativen Linie festhält, unterstrich er am Schluss grinsend vor laufender Kamera: "Hier geht es um einen beinharten Machtkampf, den müssen wir austragen!"

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