Fremdenfeindlichkeit in Deutschland: UN kritisiert Alltagsrassismus

Politik darf Rassismus nicht mit Rechtsextremismus gleichsetzen, sagt der UN-Sonderberichterstatter Githu Muigai. Behörden müssten sich stärker Migranten öffnen.

Mit und ohne Kopftuch: Werden beide Arbeitsagentur-Kundinnen gleich behandelt? Bild: dpa

Der UN-Sonderberichterstatter zu Rassismus, Githu Muigai, hat Deutschland aufgefordert, mehr gegen Rassismus im Alltag zu tun. Politik und Bevölkerung müssten ein breiteres Verständnis von Rassismus entwickeln und ihn nicht mit Rechtsextremismus gleichsetzen, sagte Muigai zum Abschluss seines Deutschlandbesuchs. Auch institutioneller Rassismus müsse besser bekämpft werden. "Polizei, Behörden und Gerichte müssen noch einiges tun", sagte der UN-Sonderberichterstatter.

Auf Einladung der Bundesrepublik war Muigai zehn Tage lang durch das Land gereist und hatte Gespräche mit Vertretern der Bundesregierung, der Länder und Kommunen, mit Flüchtlingsorganisationen, Migrantenverbänden und Wissenschaftlern geführt. Im Anschluss zog Muigai ein erstes Resümee; einen Abschlussbericht, der auch Empfehlungen an die Bundesregierung enthalten soll, wird er im kommenden Jahr vorgelegen.

Insgesamt stellte Muigai Deutschland ein gemischtes Zeugnis aus. Seit dem Besuch seines Vorgängers vor 14 Jahren sei "eine Menge erreicht worden", sagte Muigai. "Aber es bleibt viel zu tun." So lobte der UN-Sonderberichterstatter, dass die Debatte, ob Deutschland ein Einwanderungsland ist, offenbar beendet sei. Auch würdigte er die Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), mit der die Bundesregierung 2006 endlich EU-Vorgaben umgesetzt hatte, als "Schritt in die richtige Richtung" - um wenig später eine Reform des Gesetzes anzumahnen.

Viele Migranten, mit denen er auf seiner Reise gesprochen haben, hätten beispielsweise darüber geklagt, von Vermietern abgelehnt worden zu sein. Dass dies in bestimmten Fällen auch mit Verweis auf die ethnische Herkunft der Bewerber zulässig sei, "damit haben wir ein Problem", sagte Muigai. Er forderte zudem, die Antidiskriminierungsstelle des Bundes finanziell und personell besser auszustatten und ihre Kompetenzen zu erweitern. Die Behörde solle möglichst in allen Bundesländern Büros haben.

Die Bundesregierung setze sich deutlich gegen Rassismus ein, sagte Muigai. Er beklagte aber, auf lokaler Ebene sei das Problembewusstsein nicht ausreichend ausgeprägt. Der Kampf gegen Rechtsextremismus werde in Deutschland "mit ziemlichem Erfolg" geführt. So hätten rechtsextreme Parteien "nicht wirklich Wurzeln geschlagen", sagte er mit Blick auf die Anzahl ihrer Vertreter in den Parlamenten. Auch gebe es in vielen Städten starke Bündnisse gegen Rechtsextremismus. Ein Nachlassen dürfe Deutschland sich aber nicht leisten. Muigai sprach sich für ein NPD-Verbot "innerhalb der verfassungsgemäßen und rechtlichen Möglichkeiten" aus.

Der UN-Sonderberichterstattung kritisierte zudem, dass Migranten im öffentlichen Leben nicht ausreichend repräsentiert seien. Auch ihre politische Teilhabe reiche nicht aus. Als eine Gegenmaßnahme forderte Muigai die Einführung des kommunalen Ausländerwahlrechts.

Der Kenianer Muigai ist seit August 2008 UN-Sonderberichterstatter für zeitgenössische Formen des Rassismus, rassistische Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und verwandte Formen von Intoleranz. Er ist Rechtsanwalt und Professor an der Universität in Nairobi. Der letzte Deutschlandbesuch eines UN-Sonderberichterstatters zu Rassismus liegt 14 Jahre zurück.

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