Streit um "Stuttgart 21": Volksvertreter gegen Volksabstimmung

Über das Bahnprojekt "Stuttgart 21" wird es in Baden-Württemberg vor der Landtagswahl im März 2011 wohl keinen Volksentscheid geben. Das beschloss der Landtag am Donnerstag.

Volksabstimmung über "Stuttgart 21"? Ja, fordert der SPD-Landesvorsitzende Nils Schmid am Donnerstag im baden-württembergischen Landtag. Bild: dpa

STUTTGART dapd | In Baden-Württemberg wird es voraussichtlich keine Volksabstimmung über das umstrittene Bahnprojekt "Stuttgart 21" vor der Landtagswahl im März 2011 geben. Der Landtag in Stuttgart lehnte einen entsprechenden Antrag der SPD-Fraktion am Donnerstag mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen ab. Nach Einschätzung der Sozialdemokraten gibt es nach Ablehnung ihres Antrags keine Möglichkeit, vor den Landtagswahlen im März 2011 ein Verfahren zur Volksabstimmung zu erzwingen. Für ein Volksbegehren seien die Hürden zu hoch.

Die SPD wollte eine Volksabstimmung erreichen, um "die dringend notwendige breite Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger zur Umgestaltung des Bahnknotens Stuttgart und zur Neubaustrecke Wendlingen/Ulm" zurückzugewinnen. Dazu wollten die Sozialdemokraten ein Ausstiegsgesetz nach Artikel 60 der Landesverfassung zum Stopp des Bahnprojektes in den Landtag einbringen, um dieses dort künstlich scheitern zu lassen. Durch den Dissens zwischen Landesregierung und Landtag wäre dann ein Volksentscheid ermöglicht worden.

Die Abgeordneten der Grünen enthielten sich bei der Abstimmung am Donnerstag der Stimme, nachdem ihr Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden war. Sie hatten gefordert, mit einem Gesetz "die Voraussetzungen für eine landesweite Volksabstimmung" gemäß Artikel 60 der Landesverfassung zu schaffen. Fraktionschef Winfried Kretschmann betonte, "Stuttgart 21" sei "ein klassischer Fall" für einen Volksentscheid. Es entspreche dem Demokratieprinzip, dass eine neue Regierung Beschlüsse ändern könne, dann könne es ein Parlament mit einer Volksabstimmung erst recht.

Unterdessen hat ein Untersuchungsausschuss des Landtags zum massiven Polizeieinsatz gegen eine Demonstration von "Stuttgart 21"-Gegnern hat seine Arbeit aufgenommen. Das zehn Abgeordnete zählende Gremium kam am Donnerstag zur konstituierenden Sitzung zusammen, wie die Parlamentspressestelle mitteilte. Es soll klären, ob es eine Vorgabe der Landesregierung für das harte Vorgehen der Beamten am 30. September mit Wasserwerfern, Schlagstöcken und Pfefferspray gab. Der Ausschussvorsitzende Winfried Scheuermann (CDU) sagte, er rechne damit, dass die Landesregierung bis zum 9. November ihren Bericht zum Untersuchungsauftrag vorlegen werde.

Inzwischen haben vier Demonstranten, die bei Protesten am 30. September durch Wasserwerfer schwere Augenverletzungen erlitten hatten, Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht. Die Männer wollen die Rechtswidrigkeit des Polizeieinsatzes feststellen lassen, teilten die "Stuttgart 21"-Gegner am Donnerstag mit. Die vier Kläger seien so erheblich verletzt worden, dass zu befürchten sei, dass sie auf dem jeweils betroffenen Auge nie wieder richtig sehen können. Einem der Männer drohe sogar der dauerhafte Verlust der Sehfähigkeit auf beiden Augen, so ein Anwalt der Demonstranten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.