Vor der Wahl in Rheinland-Pfalz: Wahlkampf mit der Atomsache

Es läuft wieder für Kurt Beck im Landtagswahlkampf. Spätestens seit der Katastrophe in Japan kämpft seine Herausforderin von der CDU auf verlorenem Posten.

Kurt Beck im Wahlkampf in Mainz: "Ich will die Karre gerne noch ziehen, wenn die Karre es will." Bild: dapd

IDAR-OBERSTEIN/KONZ taz | Das "furchtbare Ereignis in Japan", so Kurt Beck auf einer Wahlkampfveranstaltung in Idar-Oberstein, dominiert nun auch den Wahlkampf in Rheinland-Pfalz. Vor allem die Rheinhessen starren seit der Katastrophe bang auf die beiden Atommeiler des AKW Biblis auf der anderen Rheinseite im hessischen Ried. Von den Weinbergen am Roten Hang bei Nierstein aus sind die gigantischen Kuppeln der beiden Reaktoren mit ihren Kühltürmen nicht zu übersehen.

Deutschland müsse jetzt "den seriösen Weg zum Ausstieg suchen", sagt Beck vor rund 250 Parteifreunden und Sympathisanten am Donnerstag in einer Schulaula. Und er bietet Union und FDP in Land und Bund einen "Pakt" für den Ausstieg aus dem Ausstieg vom Ausstieg an. Ein "ordentliches Atomausstiegsgesetz" müsse her. Und alle störanfälligen Altmeiler seien jetzt umgehend abzuschalten: für "immer und ewig".

Viel Beifall gab es da für den seit mehr als 16 Jahren regierenden und wohl auch zukünftigen Ministerpräsidenten. Denn die Grünen haben sich vergangene Woche auf eine Koalition mit der SPD festgelegt. In Umfragen kommen beide Parteien auf rund 50 Prozent der Stimmen.

CDU-Herausforderin Julia Klöckner versucht mit einem heftigen Kursschwenk dagegenzuhalten. Im Fernsehduell mit Beck am Mittwoch sprach sie sich überraschend und ohne Absprache mit den Parteigremien für die sofortige und endgültige Stilllegung der sieben ältesten deutschen Atomkraftwerke aus.

"Reine Wahlkampftaktik" nannte das Beck. Und im Umfeld von Klöckner wird das auch nicht geleugnet. Sie habe eben ihre letzte Chance nutzen wollen, die Grünen vielleicht doch noch wenigstens zu Sondierungsgesprächen mit ihr nach der Wahl animieren zu können, hieß es.

Die Landtagswahl: Am kommenden Sonntag wird in Rheinland-Pfalz ein neuer Landtag gewählt. SPD-Ministerpräsident Kurt Beck regiert dort seit 1994 und tritt nun gegen CDU-Herausforderin Julia Klöckner an, die zuletzt Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium war.

Die Umfragen: In aktuellen Umfragen der Forschungsgruppe Wahlen und der Emnid-Meinungsforscher liegt die SPD mit 37 Prozent vor der CDU, die auf 34 bis 35 Prozent kommt. Die Grünen werden mit Werten zwischen 13 und 14 Prozent gehandelt und werden nach fünf Jahren Pause demnach sicher wieder in den Landtag in Mainz einziehen. Die FDP sehen die Meinungsforscher bei 5 bis 6 Prozent der Stimmen, die Linkspartei bei 4 Prozent.

"Selbst Fehler gemacht"

Aktuell dürfe man weder der Kanzlerin noch Klöckner in der Atomausstiegssache trauen, hält Beck dagegen. Beide Politikerinnen hätten schließlich noch vor zwei Wochen das genaue Gegenteil von dem behauptet, was sie heute - angeblich - für richtig halten. "Doch so schnell geht das nicht mit dem vom Saulus-zum-Paulus-Werden", so Beck.

Dumpinglöhne, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, die Chuzpe der Banken in der Finanzkrise: Beck lässt auch bei einem Auftritt in Konz an der Mosel nichts unerwähnt, was "die anderen in Berlin so alles verbockt haben". Becks Botschaft: Während die Politik in der Hauptstadt sich von den Leuten entfernt, ist er ganz bei ihnen.

Nur einmal räumt Beck kurz ein, "selbst Fehler gemacht" zu haben, etwa bei der "Nürburgringsache", weil er eben "auch nur ein Mensch" sei. Von "den anderen in Mainz" aber, die illegal Steuergelder von der Fraktions- in die Parteikasse umgeleitet hätten - er meint die CDU - lasse er sich dafür aber nicht anprangern. Wieder Ovationen für Beck.

Der trägt dann noch vor, dass ihn die Plakate, auf denen die CDU für eine "Politik ohne Bart" werbe, zunächst amüsierten. Doch dann habe ihm jemand gesagt, dass der Slogan schon von Kohl gegen Scharping verwendet worden sei. Beck süffisant: "Bei der Union wird offenbar immer irgendwo abgeschrieben!"

Ein Brüller. Und Abgang Beck. Händeschütteln. Umarmungen. Küsschen. "Der Kurt, das ist einer von uns", sagt eine ältere Genossin gerührt. Die Menschen, die in diesen bedrückenden Tagen zu Beck kommen, gehen getröstet wieder heim. Genau das, sagt Beck dann, mache die Freude aus, die er bei der Ausübung seines Berufes empfinde. Deshalb wolle er auch noch fünf Jahre dranhängen. Dann zitiert Beck Herbert Wehner: "Ich will die Karre gerne noch ziehen, wenn die Karre es will."

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