Arzneiprüfer Sawicki: "Wir werden genug beschimpft"

Der Leiter der Arznei-Prüfstelle IQWiG wehrt sich gegen Vorwürfe. Seinen Posten will der bei Pharmaunternehmen verhasste Peter Sawicki nicht kampflos räumen.

Bild: Rodrigo Senna – Lizenz: CC-BY

taz: Herr Sawicki, zwei Tage vor der Entscheidung, ob Ihr Vertrag als IQWiG-Chef verlängert wird, berichtete am Montag die "FAZ": Laut einer Unternehmensprüfung sind durch fehlerhafte Abrechnungen von Dienstwagen und falsche Tankbelege Kosten in Höhe von 40.000 Euro entstanden. Ist das ein Rücktrittsgrund für Sie?

Peter Sawicki: Ich kenne den Prüfbericht. Was die FAZ schreibt, ist schlicht falsch. Ich kann das aber hier nicht im Detail richtigstellen, weil wir im Vorstand Vertraulichkeit vereinbart haben. Ich halte mich daran - jemand anderes aber der FAZ gegenüber nicht.

FDP und CDU wollen Sie am Mittwoch als Leiter des IQWiG kippen und durch einen pharmafreundlicheren Nachfolger ersetzen. Packen Sie schon?

Peter Sawicki (52) ist Leiter des "Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen" seit dessen Gründung 2004. Das IQWiG prüft im Auftrag der ärztlichen Selbstverwaltung die Wirksamkeit von Arzneien. Dies hat dem Diabetologen viele Gegner in der Pharmaindustrie eingebracht. Im August läuft sein Vertrag aus.

Nein, ich packe noch nicht. Fakt ist bislang nur: Bald wird über die Verlängerung meines Vertrages über August hinaus abgestimmt. Der Vertreter des Gesundheitsministeriums hat dabei ein Vetorecht. Und CDU-Abgeordnete forderten schon im vergangenen Jahr eine Neuausrichtung des IQWiG, die sich auch an der personellen Spitze des Hauses niederschlagen sollte. So eine einseitige Festlegung von Mitgliedern einer Regierungspartei ist schon erstaunlich.

Mit einer Unterschriften-Kampagne setzen sich unter anderem 50 Uni-Professoren für Ihren Verbleib ein. Diese fürchten, wissenschaftliche Standards bei der Bewertung von Medikamenten könnten zugunsten der Pharmalobby leiden. Wird die Kampagne die Abstimmung beeinflussen?

Ich glaube nicht, dass die Entscheidung des Ministeriums davon abhängt. Aber es freut mich natürlich, dass sich Ärzte und Hochschullehrer für mich einsetzen. Wir werden ja genug beschimpft.

Hängt der Ruf des IQWiG eigentlich allein davon ab, ob Sie gehen oder bleiben?

Unser Ziel ist, das Institut so aufzubauen, dass es nicht von Personen abhängt. Mehr Sorgen macht mir deshalb, dass Pharmaindustrie und CDU-Abgeordnete klar gesagt haben, sie wollen beim IQWiG andere Prüfstandards einführen. Das zielt nicht auf Personen, sondern auf die Inhalte unserer Arbeit.

Beobachter fürchten Milliardenkosten für die Versicherten, wenn Kassen künftig teure Medikamente mit zweifelhaften Nutzen erstatten. Teilen Sie diese Sorgen?

Es geht uns nicht primär ums Sparen, sondern zunächst darum, das vorhandene Geld für eine möglichst gute Behandlung der Patienten auszugeben. Lange hatten Pharmaunternehmen die alleinige Hoheit über die wissenschaftliche Interpretation dessen, was ein Präparat bewirkt. Manche Firmen halten Studien unter Verschluss, andere kaufen Experten und lassen ihnen genehme Artikel schreiben. Diese Alleinherrschaft haben wir aufgebrochen. Wir ermöglichen eine unabhängige Beurteilung des Nutzens des Medikaments. Das führt manchmal zu Einsparungen, aber ganz oft auch zu Enttäuschungen bei Ärzten und Patienten, die in solche Medikamente ihre Hoffnungen gesetzt haben.

Wie viel Geld hat Ihr Institut dadurch den Kassen - und damit den Versicherten - gespart?

Das haben wir nicht hochgerechnet. Aber bei der jüngsten Gerichtsverhandlung vergangene Woche hat der Richter gesagt: Alleine durch die durch uns bewirkte Preissenkung eines Medikaments habe das Unternehmen 25 Millionen Euro pro Jahr weniger eingenommen.

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