Überschwemmung in Istanbul: Aufräumen nach der Springflut

Nach der schwersten Unwetter-Katastrophe in Istanbul seit Jahrzehnten mit mindestens 32 Toten hat das Aufräumen begonnen. Metereologen warnen vor weiteren starken Regenfällen.

Medien berichteten, das Wasser sei "wie ein Tsunami" gekommen. Bild: reuters

ISTANBUL dpa/afp | Nach der schwersten Unwetter-Katastrophe seit Jahrzehnten haben im Großraum Istanbul die Aufräumarbeiten begonnen. Die Behörden setzten schwere Baumaschinen ein, um die von den Fluten weggespülten Fahrzeuge zu bergen und Straßen wieder passierbar zu machen, berichteten türkische Medien.

Unterdessen räumten türkische Politiker Versäumnisse ein. Die weit verbreitete Duldung illegaler Bautätigkeiten habe die Lage verschlimmert. In den Springfluten waren am Dienstag und Mittwoch im Großraum Istanbul mindestens 32 Menschen ums Leben gekommen.

Für das Unglück seien Menschen verantwortlich, nicht die Natur, sagte der Oberbürgermeister von Istanbul, Kadir Topbas. Er forderte größere Sorgfalt bei der Auswahl von Standorten für Bauten. Experten hatten kritisiert, es sei auch in Flussbetten gebaut worden.

In anderen Ländern hätten Regenstürme nicht solche Folgen, sagte Transportminister Benali Yildirim. In der Türkei würden erst illegal Wohngebäude errichtet, dann werde die nötige Infrastruktur gebaut. Bürger und Behörden hätten Fehler gemacht.

24 Menschen starben allein im Stadtgebiet von Istanbul, hatten die Behörden am Mittwoch mitgeteilt. Medien berichteten, das Wasser sei "wie ein Tsunami" gekommen. Türkische Fernsehsender zeigten dramatische Bilder von Menschen, die in den Fluten ums Überleben kämpften. Autos und Kleinlaster wurden weggespült oder trieben im Wasser.

Allein auf einem Lastwagen-Parkplatz im Istanbuler Industrieviertel Ikitelli kamen 13 Fahrer ums Leben gekommen, die im Schlaf von dem rasch steigenden Wasser überrascht wurden. Eine vierspurige Autobahn in Ikitelli verwandelte sich zeiweise in einen reißenden Fluss. Die Autobahn wurde am Donnerstag wieder geöffnet.

Die Justiz nahm Ermittlungen wegen der Todesfälle bei den Überschwemmungen und der Plünderungen auf. Im Mittelpunkt des Interesses stand der Tod von sieben Arbeiterinnen eines Textilunternehmens in einem firmeneigenen Bus, der von den Wassermassen erfasst worden war.

Nach Presseberichten war der Bus nicht für die Personenbeförderung geeignet und hatte im hinteren Teil keine Tür und keine Fenster, die als Notausstiege hätten dienen können. Die sieben Frauen waren im Heck des Fahrzeugs ertrunken. Der Inhaber der Firma und zwei seiner Mitarbeiter wurden am Donnerstag einem Haftrichter vorgeführt.

Auch die Plünderungen nach den Überschwemmungen vom Mittwoch werden von der Justiz untersucht. Nach Fernsehberichten wurden mehr als 60 mutmaßliche Plünderer von der Polizei festgenommen. Fernsehbilder hatten mehrere Dutzend Plünderer gezeigt, die Haushaltswaren und sogar Jagdgewehre aus liegen gebliebenen Fahrzeugen gestohlen hatten.

Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete die Flut als "Jahrhundert-Katastrophe" und kündigte städtebauliche Verbesserungen an, um ähnliche Unglücke in Zukunft zu vermeiden.

In einigen Teilen der Nordwest-Türkei waren die stärksten Regenfälle seit Jahrzehnten gemessen worden. Seit Dienstag waren pro Quadratmeter 220 Liter Wasser niedergegangen, teilten die Behörden mit. Im ganzen September habe es im Schnitt der vergangenen Jahre jeweils 35 Liter pro Quadratmeter geregnet. Der türkische Meteorologe Mehmet Caglar sagte, solche ungewöhnlich heftigen Regenfälle seien eine Folge des Klimawandels.

Gouverneur Muammer Güler erklärte, die Gefahr einer neuen Katastrophe sei noch nicht gebannt. Am Wochenende seien neue Regenfälle zu erwarten. In seiner 37-jährigen Laufbahn habe er so etwas noch nie erlebt, sagte Güler: "Allah stehe uns bei." Nach neuen Regenfällen in der Nacht zum Donnerstag wurde ein achtstöckiges Wohnhaus wegen Einsturzgefahr geräumt.

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