Grubenunglück in Russland: Aufruhr der Bergleute

Sie fordern höhere Löhne und ein Ende der Verfolgung der freien Gewerkschaften: Tausende Minenarbeiter demonstrieren im sibirischen Kusbass. 30 wurden verhaftet.

Gewalt in Meschduretschensk: Sicherheitskräfte schützen sich gegen Steine werfende Demonstranten. Bild: ap

MOSKAU taz | Nach dem Grubenunglück vor zehn Tagen im Kusbass kommt die sibirische Kohleregion nicht zur Ruhe. Tausende aufgebrachte Bergleute demonstrierten am Wochenende in Meschduretschensk und blockierten eine Eisenbahnmagistrale. Mehrere Stunden lieferten sich Demonstranten und Truppen des Innenministeriums auf den Gleisen eine Schlacht, bei der 17 Soldaten verletzt und 30 Demonstranten festgenommen wurden.

Der Radiosender Echo Moskwy meldete, dass Einheiten der Sondertruppen des Innenministeriums im Ort zusammengezogen wurden und ein verstärktes Polizeiaufgebot im Stadtgebiet patrouilliert. Russlands zentrales Fernsehen verschwieg die Ereignisse. Streikende Bergleute im Kusbass brachten Anfang der 1990er-Jahre schon einmal das politische System ins Wanken.

Der spontane Protest entzündete sich am Wochenende, nachdem der Generaldirektor der Unglückszeche Raspadskaja falsche Angaben zum Lohnniveau machte. Direktor Gennadi Kosowoi legte eine steile Karriere zurück. Vom Hauer in derselben Zeche brachte er es in der "Forbes"-Liste der reichsten Männer auf Platz 68. Der Milliardär wies Forderungen nach Lohnerhöhungen zurück, da das Unternehmen mit 2.100 Euro bereits einen hohen Durchschnittslohn zahle.

Die Mehrheit der Arbeiter verdient aber weniger als 800 Euro. Dies ist einer der Gründe, warum die Bergleute Sicherheitsvorkehrungen missachten und Gas-Sensoren manipulieren. Sie seien zum Akkord gezwungen, wenn sie etwas verdienen wollten, klagen die Kumpel. Kosowoi gab bislang nicht nach: Sollten die Arbeiter rebellieren, werde er Chinesen anheuern, wird er von Bloggern kolportiert.

Die politisch Verantwortlichen wurden von den Protesten überrascht. Gouverneur Aman Tulejew schob "kriminellen Elementen und Alkoholikern" die Schuld für die Gewaltausbrüche in die Schuhe.

Inzwischen meldete sich im Internet auch ein "Verband der Kusbass-Einwohner " mit einem offenen Brief an Präsident Dmitri Medwedjew zu Wort. Sollten ihre sozialen Anliegen nicht beachtet werden, würden aus den sozialen politische Forderungen, drohen sie. "Während man mit uns Milliarden verdient, sterben wir zu Hunderten für ein paar Kopeken", heißt es in dem Aufruf.

Die Initiatoren verlangen neben der Freilassung aller Inhaftierten eine dreifache Lohnerhöhung und Abzug der Sondertruppen. Überdies solle die Verfolgung der freien Gewerkschaften eingestellt werden. Das Ultimatum läuft am 21. Mai ab. Geschehe bis dahin nichts, wolle man in der gesamten Region zu einem Aktionstag aufrufen. Wer sich hinter der Initiative verbirgt, ist unklar. Die Machthaber vermuten, es sind die Kommunisten. Die dementieren.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.