Streik in Griechenland: Beschäftigte gegen Kassenfusionen

Proteste richten sich gegen Rentenreform der Regierung. Versicherte fürchten um Ansprüche und Privilegien.

Wegen des Aufstandes bleibt auch der Müll liegen. Bild: dpa

BERLIN taz In Griechenland ging am Mittwoch gar nichts mehr. Ein Generalstreik legte das öffentliche Leben weitgehend lahm. Kein Flugverkehr, kein Bahnverkehr, keine öffentlichen Verkehrsmittel in den großen Städten. Auch Bankangestellte, Tankstellenbesitzer und Journalisten gingen nicht zur Arbeit.

Mit dem Generalstreik protestieren die Werktätigen gegen die große Rentenreform, die von der konservativen Regierung Karamanlis diese Woche im Parlament eingebracht wird. Eine solche Reform ist überfällig. Alle Regierungen der letzten Jahre waren sich im Klaren, dass das Rentensystem zusammenbrechen wird, wenn es nicht saniert wird.

Auf institutioneller Ebene geht es um die Flurbereinigung eines Systems, das in 133 Berufsklassen zersplittert ist. Nach dem Gesetzentwurf der Regierung sollen daraus 13 große Sozialkassen entstehen. Damit könnten beträchtliche Verwaltungskosten eingespart werden, denn die Berufskassen arbeiten sehr personalintensiv. Aber die Versicherten vieler gesunder Branchenkassen fürchten, dass ihre Rentenansprüche verwässert werden, wenn sie unter staatlicher Regie mit schwächeren Kassen fusioniert werden. Als Schreckensbild dient die große staatliche Kranken- und Rentenversicherungsanstalt IKA, die auch für die Mindestrenten des privaten Niedriglohnsektors und der Hausfrauen zuständig ist. "Wir wollen Eure IKA nicht", lautet die Parole vieler Branchengewerkschaften, die oft großzügige Privilegien zu verlieren haben. Auch mit solchen Sonderregelungen will das neue Gesetz Schluss machen. Das Renteneintrittsalter soll auf 65 angehoben werden. Mütter mit Kindern sollen bis 60 durcharbeiten.

Das Misstrauen gegen die Regierung ist auch bei den Kritikern groß, die eine Reform der Rentenkassen für unvermeidlich halten. Sie verweisen darauf, dass das Rentensystem auch aus Steuern finanziert werden müsse, die aufzubringen wären, wenn der Staat die Steuerhinterziehung effektiver bekämpfen würde. Zugleich verweisen die Experten darauf, dass das Rentensystem nur lebensfähig bleibt, wenn die Schattenwirtschaft eingedämmt wird. Nur wenn die etwa halbe Million ausländischer Arbeitskräfte zur Rentenversicherung herangezogen wird, kann die geburtenschwache griechische Gesellschaft ihre Zukunft finanzieren.

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