Freihandel und Visaerleichterungen: EU strebt "östliche Partnerschaft" an

Die Ukraine, Moldau, Georgien, Armenien, Aserbaidschan und Weißrussland sollen Partner der Europäischen Union werden, ihr aber nicht beitreten.

Das europäische Einzugsgebiet wird immer größer. Bild: ap

BERLIN taz | Die Europäische Union wird am Donnerstag ein neues Kapitel in den Beziehungen zu ihren östlichen Nachbarn aufschlagen. Bei ihrem Gipfeltreffen in Prag wollen die 27 Staats- und Regierungschefs der EU die "Östliche Partnerschaft" auf den Weg bringen. Adressaten des Vorstoßes, der auf eine Initiative von Polen und Schweden zurückgeht, sind die ehemaligen Sowjetrepubliken Ukraine, Moldau, Georgien, Armenien und Aserbaidschan.

Obwohl umstritten, wird erstmals auch Weißrussland mit am Tisch sitzen. Der Zehnmillionenstaat, der seit 1994 von dem autokratischen Staatspräsidenten Alexander Lukaschenko regiert wird, war mangels demokratischer Reformen bislang von Brüssel nicht in die Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) einbezogen worden. Als Reaktion auf die Entlassung mehrerer politischer Gefangener 2008 hat die EU mittlerweile gegenüber Minsk eine weichere Gangart eingeschlagen. So wurden unter anderem Sanktionen in Form von Einreiseverboten für weißrussische Spitzenpolitiker bis auf weiteres ausgesetzt. Zur Erleichterung aller Beteiligten wird Lukaschenko jedoch nicht persönlich an dem Treffen in Prag teilnehmen, sondern einen Vertreter schicken.

Das Vorhaben ist ambitioniert. So bietet die EU-Kommission auf bilateraler Ebene Assoziierungsabkommen an, die unter anderem die Schaffung einer umfassenden Freihandelszone zum Ziel haben. Zudem stehen Fragen der Energiesicherheit sowie Visaerleichterungen auf der Agenda.

Auf multilateraler Ebene sind regelmäßige Gipfel- und Ministertreffen sowie die Schaffung von vier "thematischen Plattformen" vorgesehen. Diese betreffen die Bereiche "Demokratie, verantwortungsvolle Regierungsführung und Stabilität", "wirtschaftliche Integration und Konvergenz mit der EU-Politik", "Energieversorgungssicherheit" und "direkte Kontakte zwischen den Menschen". Für die Finanzierung dieser Initiative stellt Brüssel aus vorhandenen und umgewidmeten Mitteln bis 2013 600 Millionen Euro zur Verfügung. Insgesamt steigen die Zuwendungen für die östlichen Partnerstaaten von 450 Millionen Euro im Jahr 2008 auf 785 Millionen im Jahr 2013.

Vor allem die Ukraine, die bereits privilegierte Kooperationsbeziehungen zur EU unterhält, drängt auf eine klare Beitrittsperspektive. Genau da aber bleibt die EU-Initiative schwammig. Die Teilnahme an der Östlichen Partnerschaft beinhalte keine Beitrittsperspektive, präjudiziere aber auch nicht den Charakter der künftigen Beziehungen zwischen der EU und den Partnerländern, heißt es in einem Papier der Kommission.

Unklar ist auch noch, ob und wie Russland in das Projekt Östliche Partnerschaft einbezogen werden soll. Wie sensibel und angespannt die Beziehungen sind, wurde bei dem jüngsten EU-Ukraine-Treffen zur Modernisierung des ukrainischen Gastransitnetzes im März deutlich. Aus Protest gegen das Abkommen, das Milliardenhilfen aus Brüssel für Kiew vorsieht, verließ der russische Energieminister noch vor der Unterzeichnung den Saal und sagte die Energiegespräche kurzerhand ab.

Der Leiter der Europäischen Akademie in Berlin, Eckart Stratenschulte, hält die Östliche Partnerschaft für einen richtigen Ansatz. Damit werde, anders als mit der Nachbarschaftspolitik, eine eigene Regionalpolitik in Richtung Osten möglich. Jedoch müsse die EU deutlich machen, das die Östliche Partnerschaft auf lange Zeit das einzige Angebot Brüssels sei. "Eine Beitrittsperspektive muss ausgeschlossen werden, dieser Punkt darf nicht offen bleiben", so Stratenschulte.

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