Elfter landesweiter Streik in Griechenland: Generalstreik gegen Spardiktat

Unermüdlich kämpfen die Gewerkschaften im Lande gegen Lohndumping und Steuerhöhungen. Besonders leidenschaftlich beteiligt sind wieder die Beamten.

Demonstranten in Athen werfen mit brennenden Petroleum-Flaschen auf Polizisten. Bild: reuters

ATHEN taz | "Der Aufstand hat begonnen" skandieren Demonstranten vor dem griechischen Parlament. Sie tragen Transparente mit Sprüchen wie "Hände weg von unseren Renten". Auf einmal werfen aufgebrachte Jugendliche Brandflaschen in Richtung Finanzministerium, daraufhin kommt es zu Zusammenstößen mit der Polizei, die massiv Tränengas gegen die Randalierer einsetzt. Mindestens drei Polizisten werden dabei verletzt.

Nach Gewerkschaftsangaben demonstrieren am Mittwoch mehr als 100.000 Menschen mit einem Protestzug durch die Athener Innenstadt gegen die Regierung Papandreou. Genau genommen handelt es sich um mehrere Protestzüge, denn die großen Gewerkschaften des Landes können sich immer noch nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen.

Während etwa der größte Gewerkschaftsverbund GSEE, der den regierenden Sozialisten freundlich gesinnt ist, zu einer Großkundgebung im Herzen der Innenstadt aufruft, halten die orthodoxen Kommunisten lieber fest und treu zusammen und organisieren ihre eigene Protestaktion.

Es ist schon der elfte landesweite Streik seit Einführung der Sparmaßnahmen im Herbst 2009. Vor allem die griechischen Beamten sind für ihre leidenschaftlich geführten Streikversammlungen bekannt, auch an diesem Mittwoch protestieren sie lautstark und heftig gegen Einkommenseinschnitte von über 20 Prozent bei gleichzeitiger Erhöhung indirekter Steuern. "Wir kämpfen für Unabhängigkeit und schulden den USA und Deutschland nicht einen Cent" steht auf Spruchbändern der Demonstranten geschrieben.

Viele Menschen in Griechenland fühlen sich von der EU und dem Internationalen Währungsfonds bevormundet. Bislang hat Griechenland 38 Milliarden Euro aus dem 110-Milliarden-Euro-Rettungspaket von EU und IWF erhalten. Im März soll die vierte Rate über 15 Milliarden Euro ausgezahlt werden.

Ein "Minimalservice" während des Generalstreiks ist leider nicht vorgesehen. Nur Krankenhäuser arbeiten mit Notbesetzung für 24 Stunden. Berufspendler haben einfach Pech oder müssen mit dem Auto zur Arbeit fahren, was natürlich im modernen Moloch Athen für Verkehrschaos sorgt.

Auch etliche Geschäfte in Athen haben geschlossen, nicht unbedingt aus Solidarität mit den Streikenden, sondern vor allem deswegen, weil deren Inhaber Angst vor Ausschreitungen haben. Bereits heute beklagt der Athener Einzelhandel Umsatzverluste in Milliardenhöhe in Folge der Streiks, Handelslobbyisten drohen den Staat sogar mit juristischen Konsequenzen.

Was am Mittwoch wirklich alles passiert ist, werden griechische Zeitungsleser erst am Freitag erfahren. Die Journalisten wollen auf die dramatische Lage in den griechischen Medien aufmerksam machen und treten ebenfalls in den 24-stündigen Streik. Sie befürchten Lohndumping und Entlassungen. Seit 2008 sind die Werbeeinnahmen vieler Zeitungen und TV-Sender um mindestens 40 Prozent zurückgegangen, außerdem spart die Regierung bei der Werbung.

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