Parlamentswahlen in Grönland: Historischer Machtwechsel

Bei den Parlamentswahlen in Grönland gewinnt die linke Oppositionspartei souverän. Ihr Sieg könnte die vollständige Unabhängigkeit von Dänemark herbeiführen.

Jubel bei Anhängern der siegreichen Partei "Inuit Ataqatigiit". Bild: ap

STOCKHOLM taz | Die Parlamentswahlen in Grönland endeten am Dienstag mit einem haushohen Sieg für die bislang oppositionelle rot-grüne Inuit Ataqatigiit. Sie konnte ihren Stimmenanteil auf knapp 44 Prozent verdoppeln und wird mit ihrem Parteichef Kuupik Kleist den künftigen Regierungschef stellen. Sie errang 14 der 31 Mandate und ist damit auf einen Koalitionspartner angewiesen.

Die Wahlen waren in doppelter Hinsicht historisch. Rot-Grün löst die sozialdemokratische Siumut ab. Die Partei hatte die Politik seit Erringung einer Teilautonomie ("Hjemmestyre") von Dänemark im Jahre 1979 dominiert und alle bisherigen Regierungschefs gestellt. Die neue Regierung unter Kuupik Kleist wird die erste sein, die Grönland in eine neue Etappe zur erweiterten Selbständigkeit führt. Diese beginnt mit Inkrafttreten eines Autonomieabkommens am 21. Juni.

Der Wahlkampf war zum einen bestimmt von der Frage der grundsätzlichen Ausrichtung der grönländischen Politik angesichts einer Zukunft, die stark von den Auswirkungen des Klimawandels geprägt sein wird. Öl- und Gaslager locken und Grubenkonzerne warten auf grünes Licht, um die zugänglicher gewordenen Uranvorkommen abbauen zu können. Aluminiumkonzerne zieht die Aussicht an, ihre Schmelzwerke mithilfe von billigem Wasserkraftstrom betreiben zu können. Die regierende Koalition aus Sozialdemokraten und Konservativen stand solchen Etablierungswünschen positiv gegenüber - es lockte die Aussicht auf neue Arbeitsplätze und eine schnelle Industrialisierung der Insel. Rot-Grün bevorzugt demgegenüber die Ansiedlung "grüner" Industrien und eine größere Rücksichtnahme auf die Umwelt.

Laut Umfragen gewann Inuit Ataqatigiit aber auch wegen eines weiteren dominanten Themas: Die bisherigen Regierungsparteien, vor allem Siumut, waren in Korruptionsskandalen verwickelt. Gleichzeitig häuften sich Nachrichten über Missstände im Gesundheits- und Schulwesen sowie im Sozialsystem.

Der bisherige Premier Hans Enoksen, der die vorgezogenen Wahlen ausgeschrieben hatte, gab seinen Rücktritt als Siumut-Chef bekannt. Seine Nachfolgerin dürfte mit Aleqa Hammond erstmals eine Frau in diesem Amt werden. Das Tauwetter nicht nur in der Natur, sondern auch in der Politik machte sich bei der Wahl auch in den meisten anderen Parteien bemerkbar. Es gab einen deutlichen Generationenwechsel, durch den nicht nur mehr junge, sondern auch mehr weibliche Kandidaten ins Parlament einziehen werden.

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