Video soll Vorwürfe gegen BND belegen: Intrigenspiele im Kosovo

Ein Video soll den Anschlag vom 14. November in Pristina dokumentieren und die Verwicklung des BND beweisen. Öffentlich gezeigt worden ist es noch nicht.

Was passierte hier? EU-Hauptquartier in Pristina, auf das der Anschlag verübt wurde. Bild: dpa

Das Kosova-Fernsehen zeigt genüsslich mehrmals am Tag die gleiche Szene vom Wochenende: die drei deutschen Geheimagenten werden in Handschellen abgeführt und erst einmal in Gewahrsam gehalten. Die Botschaft ist klar: das unabhängige Kosovo demonstriert Souveränität.

Souveränität zu zeigen ist für die politische Führung auch bitter nötig. Denn der 6-Punkte-Plan der UN hat die Regierung unter Hashim Thaci in arge innenpolitische Verlegenheit gebracht. Die Demonstration von Zehntausenden am Mittwoch vor einer Woche war eine Warnung an die Regierung, sich nicht dem Willen der UN zu beugen und die von der EU geplante Eulex-Mission nur in den Albanergebieten zu implementieren, während in den Serbengebieten nach wie vor die UN bestimmen würde. Für die Demonstranten würde dieser Plan einer territorialen Teilung Kosovos Vorschub leisten.

Diese innenpolitische Gemengelage im Kosovo bleibt dominierend. Und zwar unabhängig davon, ob die Beschuldigungen gegenüber den drei deutschen BND-Mitarbeitern gerechtfertigt sind oder nicht. Ihnen wird vorgeworfen, am 14. November eine Bombe über die Mauer des ICO, des International Civil Office, dem Sitz des EU-Beauftragten Pieter Feith, mit einer Stärke von 300 g TNT, geworfen zu haben. Tatsache ist, dass sich die drei deutschen Agenten am Mittwoch vergangener Woche im Nachbarhaus des "Blauen Hauses", wie das Gebäude auch wegen seiner EU-Färbung genannt wird, zu schaffen gemacht haben. Ausgerüstet mit einem Fotoapparat, hatten die drei den Tatort inspiziert. Und waren daraufhin prompt festgenommen worden. Tatsache ist auch, dass das Video, das den Anschlag vom 14. November dokumentieren und die Verwicklung des BND beweisen soll, öffentlich noch nicht gezeigt worden ist.

Bei rationalen Gemütern unter den kosovarischen Politikern ist man auch keineswegs überzeugt, dass die Strategie der Regierung, die deutschen BND-Mitarbeiter an den Pranger zu stellen, richtig ist. "Welches Motiv sollten die Deutschen haben," fragt zum Beispiel der prominente Parlamentsabgeordnete und frühere Premierminister des Untergrundstaates, Bujar Bukoshi, ein EU-Gebäude anzugreifen. Deutschland habe so viel für Kosovo getan, sei nach den USA der größte finanzielle Unterstützer Kosovos. "Man hätte sich mit den deutschen Behörden zusammensetzen und erst einmal die Lage beraten sollen, anstatt gleich den Hammer auszupacken," erklärte er gestern gegenüber unserer Zeitung.

Die Dementis aus Berlin sind zwar sogleich erfolgt, es bleiben jedoch Fragen offen. Und die sollten am Donnerstag im Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages beantwortet werden. Wie lief die Aktion der drei wirklich ab? Ist der BND vor Ort wirklich gut geführt? Sind diese drei Männer ausser Kontrolle geraten? Oder haben sie sich nur dumm angestellt?

Spekulationen gibt es viele. Neben dem innenpolitischen Interesse könnte die Kosovo-Führung den Deutschen einen Schuß vor den Bug gegeben haben, behaupten diplomatische Quellen. Denn der BND hat mit der Untersuchung von Verwicklungen hoher Kosovo-Politiker in das organisierte Verbrechen begonnen und erste Informationen veröffentlicht. Geheimdienstliche Tätigkeit in einem fremden Land muss stets die anderen ausländischen Dienste ins Kalkül ziehen. Das Zurückhalten von Informationen auch gegenüber Verbündeten ist da durchaus üblich. Und zwingt jeden nationalen Geheimdienst, sich ein eigenes Bild von der Lage zu beschaffen. Dies könnte die Anwesenheit der Deutschen am Tatort erklären. Aber auch das ist Spekulation.

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