Verfassungsrichter prüfen Immunitätsgesetz: Kommt Berlusconi doch vor Gericht?

Im Juli 2008 ließ Silvio Berlusconi ein Gesetz durchwinken, das ihm besondere Immunität vor Strafverfolgung sicherte. Nun entscheiden Italiens Verfassungsrichter über das Gesetz.

Wie kommt er da wieder raus? Silvio Berlusconi. Bild: ap

ROM afp | Die Immunität des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi steht auf dem juristischen Prüfstand. Das Verfassungsgericht in Rom befasste sich am Dienstag mit einer umstrittenen Immunitätsregelung, die Berlusconi und drei weitere hohe Repräsentanten des Staates vor Strafverfolgung schützt. Sollte das Gesetz gekippt werden, muss der Ministerpräsident mit der Wiederaufnahme mehrerer Korruptionsverfahren rechnen.

Nach der im Juli 2008 von Berlusconis rechtsgerichteter Regierungskoalition verabschiedeten Immunitätsregelung können der italienische Regierungschef, der Staatschef und die Präsidenten der beiden Parlamentskammern während ihrer Amtszeit nicht strafrechtlich verfolgt werden. Die Opposition hatte gegen die Regelung protestiert und sie als "Lex Berlusconi" verurteilt.

Der Anwalt Glauco Nori, der die italienische Regierung vor dem Verfassungsgericht vertritt, erklärte bei der öffentlichen Anhörung vor den 15 Richtern, der Regierungschef könne nicht gleichzeitig sein Amt ausüben und sich vor Gericht verteidigen. Die Anwälte Berlusconis argumentierten, das sogenannte Alfano-Gesetz schütze die Spitzenpolitiker nicht dauerhaft vor Strafverfolgung, sondern nur während ihrer Amtszeit. Die "Bedeutung ihrer Ämter" unterscheide sie zudem von anderen Bürgern, sagte der Anwalt Gaetano Pecorella.

Bereits 2004 hatte das Verfassungsgericht ein Immunitätsgesetz gekippt, das von einer früheren Regierung Berlusconis beschlossen worden war. Damals hatten die Richter argumentiert, das Gesetz verstoße gegen das Gleichheitsprinzip.

Die 15 Verfassungsrichter hörten auch die Vertreter von Gerichten in Mailand und Rom zu Verfahren, in die Berlusconi verwickelt war. Die Urteilsberatungen wurden am Abend auf Mittwoch vertagt. Berichten von BBC zufolge sind 5 der 15 Richter noch unentschieden – der Rest zur Hälfte für beziehungsweise gegen das Immunitätsgesetz.

Befinden heute über das "Lex Berlusconi": das italienische Verfassungsgericht. Bild: ap

Sollten die Richter das auf Betreiben Berlusconis verabschiedete Gesetz für verfassungswidrig erklären, ist mit der Wiederaufnahme einiger Verfahren zu rechnen. In einem besonders aufsehenerregenden Prozess müsste sich der 73-jährige Regierungschef womöglich in Mailand wegen Beeinflussung von Justizbehörden verantworten.

Berlusconi wird vorgeworfen, seinen Ex-Anwalt David Mills für Falschaussagen in Prozessen in den 90er Jahren bezahlt zu haben. Mills wurde im Februar zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Auch Berlusconi wurde in dem Fall angeklagt, das Verfahren jedoch im Oktober 2008 wegen des Immunitätsgesetzes ausgesetzt.

Erst am Wochenende hatte Berlusconi vor Gericht eine Niederlage erlitten. In einem jahrzehntelangen Streit um die Kontrolle des Verlagshauses Mondadori verurteilte ein Zivilgericht seinen Fininvest-Konzern am Samstag zur Zahlung von rund 750 Millionen Euro an die Holding seines Erzrivalen Carlo de Benedetti.

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