US-Präsident Obama bei Nato-Gipfel: Lächeln, zuhören, fordern

US-Präsident Obama wird in Straßburg von einem jungen Publikum gefeiert und fordert mehr Einsatz der Europäer in Afghanistan.

"Amerika verändert sich. Aber es darf nicht nur Amerika sein, das sich verändert": Barack Obama. Bild: dpa

STRASSBURG taz "Mister President", sagt Matthias, der Student aus Heidelberg. "Sie sagen, wir seien eine glückliche Generation, weil wir in Europa in Frieden und Wohlstand aufwachsen. Aber ich möchte nach den vielen Kindern fragen, die weltweit in Hunger und ohne Ausbildung aufwachsen müssen." Das, antwortet US-Präsident Barack Obama und macht eine kleine Drehung zum Rest des Publikums, sei eine hervorragende Frage. Erst am Tag zuvor habe er auf dem G20-Gipfel in London mit den übrigen Staats- und Regierungschefs beschlossen, dass die internationalen Finanzinstitutionen den Ärmsten der Welt mit mehr Geld beistehen sollten.

Noch bevor Barack Obama samt Gattin Michelle am Freitag nach Baden-Baden zum Nato-Gipfel reist, will er Europa zeigen, was es bedeutet, dass der Ton zwischen den USA und dem Rest der Welt sich ändern soll - sich schon geändert hat. Zum Town Hall Meeting, das aber gar nicht im Rathaus, sondern in einer großen Sporthalle stattfindet, wurden 3.000 SchülerInnen und StudentInnen aus Frankreich und Deutschland geladen.

Besonders die weiblichen Teenager, die noch vor Morgengrauen aufgestanden sind, um bis 14 Uhr durch alle Sicherheitsschleusen durchzukommen, haben sich schick gemacht für Obama und brechen lange vor seinem Auftritt ab und zu in Jubel aus oder klatschen. Laure-Hélène wie Emilie können auf Anfrage dicht beschriebene Seiten mit ihren Fragen hervorholen. Es geht um Frieden, Hunger, Zukunft - und um Afghanistan. Sie werden anschließend nicht dazu kommen, sie Obama vorzulesen.

Doch hat der US-Präsident vieles schon in seiner Rede gesagt. Nicht, dass er für Afghanistan mehr Truppen von den Europäern insgesamt oder von den Franzosen und Deutschen speziell fordert. Das hat sich schon im Vorfeld des Nato-Gipfels erledigt, nachdem inoffizielle Anfragen abschlägig beschieden wurden. Die US-Außenminister Hillary Clinton wiegelt Freitag früh ab: "Der Nato-Gipfel ist keine Zusagenkonferenz."

Aber deutlicher könnte Obama es kaum machen, dass er von Europa mehr Engagement in Afghanistan und mehr Einsatz - sprich: Geld, Waffen und Leute - für die Nato verlangt. Vor 61 Jahren habe Amerika den Europäern mit dem Marshallplan geholfen. Vor 60 Jahren habe sich die Nato gegründet. Ein Angriff auf einen sollte von nun an als Angriff auf alle gewertet werden. Doch in den vergangenen Jahren sei die Allianz "abgedriftet", sagt Obama. Unter anderem "gibt es in Europa Antiamerikanismus, der manchmal lässig ist, aber auch heimtückisch".

Nun müssten zur Bewältigung der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, namentlich des Terrorismus, die Lasten geteilt werden. "Amerika verändert sich. Aber es darf nicht nur Amerika sein, das sich verändert." Die nächste Attacke von al-Qaida finde eher in Europa statt als in den USA. Afghanistan sei ein Test für die Fähigkeit der Nato, gemeinsam Sicherheit herzustellen.

Welche Zusagen ihm Europa auf dem Nato-Gipfel machen würde, stand am Freitagnachmittag noch dahin. Nachdem die USA allein bereits 17.000 weitere Soldaten nach Afghanistan schicken, machten sich die Angebote Belgiens und Spanien militärisch gesehen zunächst bescheiden aus: Der belgische Regierungschef Herman Van Rompuy will 60 weitere belgische Soldaten stationieren. Spanien kündigte die Entsendung von 12 zusätzlichen Soldaten an. In Bezug auf Afghanistan dürfte der Nato-Gipfel kaum mehr bringen als das erneuerte Gelöbnis, sich nun aber bestimmt um den Aufbau der afghanischen Armee und Polizei zu kümmern.

Kaum fünf Stunden sollten die Regierungschefs und Minister der 28 Nato-Staaten gemeinsam verbringen - davon allein die Hälfte beim Dinner am Freitagabend in Baden-Baden. Um der erwünschten europäischen Symbolik zum 60. Geburtstag des Militärbündnisses willen sollte am Samstagmorgen das Gruppenfoto auf der Rheinbrücke zwischen Frankreich und Deutschland entstehen.

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