Großbritanniens Regierung: Mit Lügendetektor gegen Sozialbetrug

Großbritanniens Regierung will ab dem kommenden Jahr Lügendetektoren einsetzen, um Betrug bei Sozialhilfeempfängern aufzudecken.

Ausschläge in die falsche Richtung kosten einen Monat Stütze. Bild: dpa

DUBLIN taz Die britische Regierung will landesweit Lügendetektoren gegen Empfänger von Unterstützungszahlungen einsetzen. Das kündigte Königin Elisabeth am Mittwoch in ihrer traditionellen Thronrede an, in der sie das Regierungsprogramm von Premier Gordon Brown für 2009 vorstellte. Wer beim Schummeln ertappt wird, bekommt einen Monat kein Geld. Bisher wurden die Zahlungen bei denen für 13 Wochen ausgesetzt, die zweimal in fünf Jahren beim Betrügen erwischt wurden. Die Technologie, die auf einer Stimmenanalyse basiert, wurde voriges Jahr in Harrow im Nordwesten Londons eingeführt. Seitdem wurden bei Wohngeld und Sozialhilfe angeblich 300.000 Pfund eingespart. Doch auch ohne Lügendetektoren ist der Betrug seit 2001 um 66 Prozent zurückgegangen.

Insgesamt stellte die Queen 14 neue Gesetze vor. Neben dem Sozialhilfebetrug stand die Verbrechensbekämpfung im Vordergrund. Beamte im Gesundheitsdienst, in Schulen und in Nachbarschaftswachen sollen größere Befugnisse bekommen, um gegen "unakzeptables Verhalten in der Öffentlichkeit" vorzugehen. Aus demselben Grund soll es Alkohol nicht mehr im Sonderangebot geben: Die "Happy Hour" mit Getränken zum halben Preis oder unbegrenzte Getränke zum Pauschalpreis werden abgeschafft.

Die Regierung verspricht mehr Transparenz bei der Verurteilung von Straftätern. Zudem sollen die Bürger mitbestimmen dürfen, zu welchen gemeinnützigen Arbeiten jemand verurteilt wird. Auch bei Stripclubs dürfen sie mitreden: Die werden künftig als "Sexetablissements" eingestuft. Dadurch können Anwohner wie bei Pornokinos und Sexshops die Schließung verlangen. Die Zahl der Stripclubs hat sich in Großbritannien seit 2004 auf 300 verdoppelt.

Mit einem anderen Gesetz will die Regierung ihre Familienfreundlichkeit demonstrieren. Eltern von Kindern bis zu 16 Jahren - statt wie bisher bis zu sechs Jahren - können von ihren Arbeitgebern flexiblere Arbeitszeiten verlangen. Ob sie ihnen auch gewährt werden, ist eine andere Frage. Da der Arbeitgeberverband bereits dagegen protestiert hat, gibt es ein Hintertürchen: Falls der Chef meint, dass flexible Arbeitszeiten seiner Firma Nachteile im Konkurrenzkampf bringen, kann er sie verweigern.

Natürlich spielt die Finanzkrise die wichtigste Rolle im Regierungsprogramm. "Absolute Priorität hat für meine Regierung die Stabilität der britischen Wirtschaft während dieser globalen Krise", sagte die Königin zu Beginn ihrer Rede. Banken müssen mit empfindlichen Geldstrafen rechnen, wenn sie Kleinunternehmen und Individuen bei der Kreditvergabe diskriminieren. Der bisher freiwillige Verhaltenskodex der Banken wird zum Gesetz erhoben. Das sei nötig, sagt die Regierung, weil sich zahllose kleine Firmen beschwert haben, dass ihre Banken die Gebühren drastisch erhöht und ihnen striktere Kreditbedingungen auferlegt haben. Bisher haben Banken, die gegen den Kodex verstoßen, lediglich einen schlechten Ruf zu fürchten, wenn ihr Fehlverhalten veröffentlicht wird. Künftig können sie mit Geldbußen in unbegrenzter Höhe bestraft werden.

Politische Kommentatoren sind sich einig, dass Brown mit diesem populistischen Regierungsprogramm den Wahlkampf eröffnet hat. Er hat zwar dank der globalen Finanzkrise, in der er einen kompetenten Eindruck gemacht hat, den Vorsprung der Tories verringern können. Doch um die nächsten Wahlen zu gewinnen, muss er die Wechselwähler auf Labours Seite ziehen - und das geht am besten mit "sex and crime". Sollten die Umfragen in den nächsten Monaten günstig ausfallen, wird Brown für den Juni vorgezogene Neuwahlen ansetzen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.