Russische Teilrepublik Dagestan: Morddrohungen gegen Regimekritiker

Todesschwadrone in der russische Teilrepublik Dagestan kündigen die standrechtliche Hinrichtung von 250 Personen an. Die Betroffenen wollen sich mit Aktionen zur Wehr setzen.

Getötete Männer südlich von Makhachkala, Dagestan. Bild: ap

BERLIN taz | In Machatschkala, der Hauptstadt der nordkaukasischen russischen Teilrepublik Dagestan, sind am Wochenende in der Nähe von Moscheen und Märkten hunderte von Flugblättern mit Todeslisten dagestanischer Menschenrechtler, Anwälte und Journalisten aufgetaucht. Die Flugblätter stellen 16 namentlich genannte Personen auf eine Stufe mit Aufständischen, die dagestanische Milizionäre getötet hatten. Auch zwei Frauen der "Mütter Dagestans" finden sich unter den zum Tode Verurteilten.

Die anonymen Autoren der Flugblätter, die sich als Verwandte ermordeter Milizionäre zu erkennen geben, kündigten "als Zeichen des Protestes gegen die Untätigkeit der Behörden, Gerichte und Sicherheitskräfte" standrechtliche Hinrichtungen der namentlich genannten "Schakale" an. Drei Personen, die mitverantwortlich für den Mord an Milizionären seien und einen Anschlag auf die Eisenbahnlinie zu verantworten hätten, habe man bereits am 23. August vernichtet. Insgesamt fänden sich 250 Personen auf ihren Listen, so die "Angehörigen der Polizisten".

Kurz nach dem Dreifachmord vom 23. August hatten mehrere russische Menschenrechtsorganisationen in einer Pressekonferenz in Moskau vor den "für diktatorische Regimes typischen Todesschwadronen" im Nordkaukasus gewarnt. Diese würden seit zehn Jahren in der Region ihr Unwesen treiben. Folter, Verschleppungen, außergerichtliche Hinrichtungen und illegale Gefängnisse gehörten zum Instrumentarium der Todesschwadronen, so Alexander Tscherkassow von der Nichtregierungsorganisation Memorial.

Gerade mutige Vertreter der Zivilgesellschaften im Nordkaukasus geraten zunehmend zwischen die Fronten von staatlichen Sicherheitskräften und Aufständischen. Im August hatte der tschetschenische Duma-Abgeordnete Adam Delimchanow, ein enger Mitstreiter und Verwandter des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow, im tschetschenischen Fernsehen gefordert, man müsse Menschenrechtler zur Rechenschaft ziehen, da diese mit den "verbrecherischen Aufständischen" gemeinsame Sache machten.

Doch die Bedrohten wehren sich. Auf einer Pressekonferenz in Machatschkala kündigten dagestanische Journalisten und Menschenrechtler, deren Namen sich auf der Todesliste finden, Aktionen an. Die Betroffen würden sich abwechselnd und einzeln mit einem großen Schild mitten auf eine Kreuzung im Zentrum der Hauptstadt auf die Straße setzen. Der Text des Plakates, der sich an die Verkehrsteilnehmer richte, werde lauten: "Und Sie wollen warten, bis sie mich und dann Dagestan ermorden?"

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