Gewalt bei London G20-Gipfel in London: Neue Videos enthüllen Polizeibrutalität

Amateurvideos belegen, dass britische Polizisten bei Protesten gegen den G20-Gipfel Anfang April Übergriffe auf Demonstranten verübten und die Gewalt vertuschen wollten.

Die Polizeigewalt wurde zum Glück gut dokumentiert. Bild: ap

LONDON taz/afp Zweieinhalb Wochen nach dem G-20-Gipfel in London bringen neue Videos und weitere Vorwürfe zu Polizeiübergriffen auf Demonstranten Scotland Yard zunehmend in Erklärungsnot. Die unabhängige Polizeiaufsicht untersucht nun eine dritte Attacke gegen einen Demonstranten.

Das neue Videomaterial zeigt, wie ein Beamter einem Gipfelgegner mit einem Schutzschild auf den Kopf schlägt und wie ein anderer Polizist einem Demonstranten einen Kinnhaken versetzt. Beide Opfer waren in den zu sehenden Sequenzen nicht aggressiv. Der Vorsitzende der unabhängigen Polizeiaufsicht, Nick Hardwick, äußerte harsche Kritik am Vorgehen der Sicherheitskräfte.

Hardwick kritisierte, dass mehrere Polizisten während des Einsatzes beim G-20-Gipfel absichtlich ihre Erkennungsnummern verborgen hätten. "Da muss man sich über die Aufsicht der Vorgesetzten ernsthaft Gedanken machen. Das ist nicht hinnehmbar."

Jüngst hatten bereits zwei Fälle Aufsehen erregt. So wird gegen einen Polizisten in Zusammenhang mit dem Tod eines an den Protesten nicht beteiligten 47-jährigen Mannes wegen "fahrlässiger Tötung" ermittelt. Die Polizei hatte zunächst bestritten, etwas mit dem Fall zu tun zu haben. Dann tauchte aber ein Amateurvideo auf, das einen Polizisten zeigt, der von hinten auf den Mann einschlägt und ihn zu Boden stößt.

Eine Zweitobduktion ergab jetzt, dass der Zeitungsverkäufer an einer Unterleibsblutung starb. Die Ursachen der Blutung müssen noch geklärt werden. Die Polizei hatte Anfang April nach einer ersten Obduktion noch erklärt, der Mann sei auf natürliche Weise an den Folgen eines Herzinfarkts gestorben.

Paul King, ein Sprecher der Familie von Ian Tomlinson, sagte, dass die Angehörigen von der Polizei fortgesetzt hinters Licht geführt wurden. "Zuerst hat man uns gesagt, dass es keine Berührung zwischen Ian und der Polizei gegeben hat, dann wurde uns gesagt, er sei an einem Herzinfarkt gestorben. Jetzt wissen wir, dass er von einem Polizisten geschlagen wurde und an inneren Blutungen gestorben ist. Wir können nur hoffen, dass mit der Zeit die volle Wahrheit über die Umstände des Todes von Ian bekannt gemacht werden", sagte King.

Der Mann, der das Video über die Angriffe auf Ian Tomlison an die Presse weiter gab, ist ein Hedgefonds-Manager aus New York. Er wollte seine Anonymität wahren, erklärte aber gegen der dem britischen Guardian: "Ich bin froh, dass ich das Video weitergegeben habe. Es ist sehr wohl möglich, dass der Tod von Ian Tomlison andernfalls unter den Teppich gekehrt worden wäre."

In einem zweiten Fall wurde - ebenfalls von einem Amateur - gefilmt, wie ein Polizist einer Demonstrantin ins Gesicht schlägt und sie mit einem Schlagstock verprügelt.

Bei dem Opfer handelt es sich um die 35 Jahre alte Nicola Fisher. "Es war nicht nur ein Klaps, er hat seine ganz Kraft hineingesteckt. Es war sehr gewalttätig, aggressiv und unnötig", sagte sie der BBC. Insgesamt liegen 150 Fälle offizieller Beschwerden gegen die Polizei beim G-20-Gipfel vor.

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